OECD-Bericht

Nur ein "Befriedigend" fürs deutsche Bildungssystem

(v.r.) Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU), die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Sylvia Löhrmann (Grüne), und Heino von Meyer, Leiter OECD Berlin mit dem Bildungsbericht.
(v.r.) Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU), die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Sylvia Löhrmann (Grüne), und Heino von Meyer, Leiter OECD Berlin mit dem Bildungsbericht. © dpa / picture-alliance / Stephanie Pilick
Von Christiane Habermalz |
Die OECD hat immer einiges an Deutschland zu meckern. So auch in ihrem neuen Bericht zur Bildung − doch Ministerin Wanka wehrt sich gegen einen diffamierenden Begriff für Nicht-Akademiker.
Drei plus – das ist die Note, die der jüngste OECD-Bericht mit dem Titel "Bildung auf einen Blick" dem deutschen Bildungssystem ausstellt. Zwar sei das Bildungsniveau im Ländervergleich insgesamt sehr hoch – 86 Prozent der Erwachsenen haben in Deutschland einen Abschluss des Sekundarbereichs II, also Abitur oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. Im OECD-Mittel haben nur 75 Prozent einen entsprechenden Bildungsstand. Auch erwerben in Deutschland so viele junge Leute wie noch nie einen sogenannten "tertiären" Abschluss, also einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss oder einen Meistertitel.
Auf der anderen Seite schnitt Deutschland beim leidigen Thema Chancengleichheit wieder vergleichsweise schlecht ab. Deutschland drohe, angesichts der großen Dynamik in anderen Ländern, seine Vorteile zu verspielen, so der deutsche OECD-Vertreter Heino von Meyer heute in Berlin:
"Deutschlands Bildungsanstrengungen und Bildungsergebnisse befinden sich auf gutem Niveau, aber, das ist das klassische OECD-Aber, Deutschland darf sich nicht auf guten Durchschnitten ausruhen und sich mit leichten Verbesserungen zufrieden geben. Und zwar zum einen müssen wir hinter die Durchschnitte schauen, denn sie sagen oft nur die halbe Wahrheit. Und gerade für Schüler aus sozial schwachen Familien bleibt das Versprechen ‚Aufstieg durch Bildung' oft in weiter Ferne."
Auch die Einkommenskluft zwischen Akademikern und Nicht-Akademikern wächst. Die Schere, so die Kritik der OECD, sei in den letzten Jahren sogar noch weiter auseinandergegangen: Hochqualifizierte verdienen in Deutschland im Schnitt 74 Prozent mehr als Erwerbstätige ohne Hochschulabschluss oder Meistertitel. Im Jahr 2000 waren es lediglich 45 Prozent mehr.
Gut funktioniere in Deutschland dagegen der Übergang von der Ausbildung in den Beruf: Anders als in den allermeisten anderen Ländern sind die Erwerblosenquoten zwischen 2005 und 2012 gesunken – und zwar für alle Bildungsbereiche. Dennoch bleibe eine niedrige Bildung das größte Risiko für Arbeitslosigkeit.
Von wegen "Bildungsabsteiger"
Widerspruch der Politik erntete OECD-Berichterstatter Meyer bei einem anderen Ergebnis der Studie. Während in anderen Ländern Kinder immer noch darauf hoffen dürften, einmal etwas Besseres zu werden als ihre Kinder, fand die OECD in Deutschland einen gegenteiligen Trend. 58 Prozent der 25- bis 34-Jährigen in Deutschland erlangen einen gleichwertigen Abschluss wie ihre Eltern, nur 19 Prozent einen besseren, aber 22 Prozent einen niedrigeren Abschluss. Im Klartext: In Deutschland überwiegen die Bildungsabsteiger in der jungen Generation. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) wollte schon den Begriff des "Bildungsabsteigers" nicht hinnehmen:
"Wir haben an dieser Stelle etwas, was ich ganz anders sehe. Angesichts der demografischen Entwicklung, und die ist auch anders als in vielen OECD-Staaten, sind wir darauf angewiesen, zu versuchen, dass jedes Kind, jeder Jugendliche die optimale Bildung bekommt, die seinem Kenntnisstand und seinen Wünschen entspricht. Und nicht, dass es in erster Linie darum geht, den Status zu halten. Und ich finde es völlig in Ordnung, wenn wir bei einer hohen Akademikerquote hoffentlich auch junge Menschen aus diesen Familien gewinnen, die eine anspruchsvolle duale Ausbildung machen. Wir haben eine große Vielzahl von anspruchsvollen Berufen, wo uns die Leute fehlen, und was unter Umständen das größte Innovationshindernis für Deutschland sein wird."
Es könne nicht immer nur um ein Ranking der besten Bildungsabschlüsse gehen, kritisierte Wanka. Zudem sei das Bildungsniveau in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern schon sehr hoch, geringere Steigerungsraten seien daher normal. Ohne Widerspruch blieb dagegen eine andere Zahl: Trotz gestiegener Bildungsausgaben gibt Deutschland, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, im Ländervergleich wenig Geld für Bildung aus. Nämlich 5,1 Prozent. Im OECD-Durchschnitt sind es 6,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
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