Kitas haben zu wenig Personal für Regelbetrieb
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Nicht nur Schulen, auch die Kindertagesstätten im Land versuchen, trotz Corona zurück in den Regelbetrieb zu finden. Zur Freude von Kindern und Eltern, sagt die Kita-Leiterin Barbara Nolte, doch in vielen Einrichtungen fehle es an Personal.
Wie Schulen unter Sicherheitsauflagen den Unterricht wieder aufnehmen können, darüber wird derzeit in ganz Deutschland diskutiert, während Schülerinnern und Schüler in allen Bundesländern nach und nach aus den Sommerferien zurückkehren. Dabei gerät beinahe aus dem Blick, vor welchen Herausforderungen Kindertagesstätten stehen, die derzeit ebenfalls versuchen, so gut wie möglich in den Regelbetrieb zurückzukehren.
Eltern setzen Hoffnung in den Neustart
Viele Eltern sähen diesem Schritt mit Freude und Erleichterung entgegen, sagt Barbara Nolte vom Verband Bildung und Erziehung in Nordrhein-Westfalen. Sie hätten in den letzten Monaten zu Hause viel schultern müssen und erhofften sich nun auch wieder eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie höre aber auch kritische Stimme: Manche Eltern gäben zu bedenken, man hätte vielleicht "die Reiserückkehrwelle noch abwarten sollen."
Die Erzieherinnen und Erzieher seien auf den Schritt zurück in den Regelbetrieb "grundsätzlich gut vorbereitet", so Nolte, die eine Kita im Kreis Paderborn leitet. Zahlreiche Einrichtungen hätten aber mit Personalmangel zu kämpfen. Viele Kolleginnen und Kollegen seien nicht einsatzbereit, da sie aufgrund einer medizinischen Risikobewertung "nicht am Kind arbeiten" dürften. Bundesweit betreffe das fünf bis zehn Prozent der Belegschaften. "Ich kenne Einrichtungen, denen 100 bis 140 Stunden in der Woche aufgrund von Risikobewertungen fehlen", sagt Nolte: "Und dafür gibt es keinen Ersatz."
Zuviel Distanz zwischen Kita und Eltern
Was den Alltag unter Coronabedingungen schwierig mache, seien nicht so sehr die strengen Hygieneregeln. Händewaschen, Husten- und Nies-Etikette, all das habe weitgehend schon vor Corona zu den Grundregeln gehört, an die Kinder in der Kita herangeführt würden, erklärt Barbara Nolte. Eine gravierende Einschränkung stellten allerdings die Abstandsregeln dar, und zwar auch im Hinblick auf den Kontakt von Erzieherinnen und Erziehern zu den Eltern.
"Eine gute Bildungs- und Erziehungsarbeit lebt einfach davon, dass die Eltern und Pädagogen in einer guten Erziehungspartnerschaft eng zusammenarbeiten", unterstreicht Nolte. Aber das sei mit den Sicherheitsmaßnahmen während der Pandemie oft kaum zu vereinbaren. In manchen Einrichtungen fehle es auch "an der technischen Ausstattung, um wirklich gut Kontakt zu den Eltern halten zu können." Elterngespräche per Videokonferenz etwa seien vielerorts nicht möglich. Im Übrigen fehle auch vielen Familien die entsprechende Ausstattung.
Der Bund will Kitaplätze fördern
Familienministerin Franziska Giffey hat Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für die Wiederaufnahme des Regelbetriebs angekündigt, darunter ein Investitionsprogramm zum Ausbau von Kitaplätzen. Doch Barbara Nolte meint: "Das hilft im Moment relativ wenig." Wichtiger erscheine es ihr, mehr Geld bereitzustellen, um dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen.
"Wir haben es mit einem großen Fachkräftemangel in der Bundesrepublik zu tun", erklärt Nolte. "Die Schätzungen gehen von 160.000 bis fast 300.000, die uns in den nächsten Jahren fehlen werden, so dass wir da richtig Geld in die Hand nehmen müssen, um diesen Beruf wirklich attraktiv zu machen und junge Menschen für den Beruf zu begeistern."
(fka)