"Wir können die Schüler nicht dauernd unter Verschluss halten"
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Ein Ergebnis des Bund-Länder-Gipfels: Die Schulen sollen wieder langsam öffnen. Der stellvertretende Schulleiter Michael Wittka-Jelen plädiert dafür, aus der Pandemie für die Zukunft zu lernen und das Bildungssystem entsprechend anzupassen.
Der Beschluss von Bund und Ländern zur schrittweisen Öffnung der Schulen und Kindertagesstätten erntet ein geteiltes Echo. Die Kultusministerkonferenz sieht das Vorhaben positiv, der Deutsche Lehrerverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Bundesschülerkonferenz stören sich hingegen daran, dass es keine einheitliche Linie gibt und die Bundesländer unterschiedlich vorgehen können.
Stabil durch die Pandemie
Diesen Aspekt sieht auch der stellvertretende Schulleiter Michael Wittka-Jelen eher kritisch. Die Frage steht aber nicht im Mittelpunkt seiner derzeitigen Überlegungen. Am dringendsten sei jetzt, dass die Kinder und Jugendlichen "einigermaßen stabil" durch die Zeit der Pandemie kämen, betont er.
Dass es nun zu Schulöffnungen kommen müsse, sei wohl unumstritten, sagt Wittka-Jelen. "Wir können unsere Schülerinnen und Schüler nicht dauernd unter Verschluss halten."
Distanzlernen ersetzt keinen Präsenzunterricht
Die Probleme seien mit dem Bund-Länder-Beschluss sicher nicht gelöst, aber es sei ein Anfang. Denn auch ein "vernünftiges Distanzlernen" könne den Präsenzunterricht nicht ersetzen, sagt der Lehrer für Biologie, Chemie und katholische Religion. Lernen funktioniere nur über Beziehungen:
"Das ist ein Problempunkt, den wir näher in den Fokus rücken müssen, und nicht die Frage, wann öffnen und schließen wir die Schulen mit welchen Modellen. Da gibt es mit Sicherheit ganz viele unterschiedliche Lösungen, die dann von Virologen mitunterstützt werden. Grundsätzlich muss klar sein: Wir müssen die Bildungsbiografien unserer Schülerinnen und Schüler sichern. Das ist die zentrale Frage: Wie können wir das unter den gegebenen Bedingungen schaffen?"
Wittka-Jelen plädiert dafür, die Pandemie zum Anlass zu nehmen, grundsätzlich über Schule und das Bildungssystem nachzudenken. Bei Corona gehe es um die zentrale Frage, wie man Krisen bewältigen könne, sagt das Vorstandsmitglied der Schulleitervereinigung Nordrhein-Westfalen.
Bildungssystem auf künftige Pandemien vorbereiten
Die Schulen arbeiteten aber im Moment so, als gehe es nur um die flächendeckende Aussetzung von Unterricht. Doch Corona sei nur der "erste Schuss vor den Bug", es werde in einer Welt mit immer mehr Menschen weitere Pandemien geben.
Bildung müsse deswegen unter veränderten Umweltbedingungen und einer globalisierten Welt künftig anders gedacht werden, die Kinder auf die Herausforderungen vorbereitet werden.
(ahe)