Die wahren Kosten der Lebensmittel
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Bei der Herstellung von Hackfleisch wird die Umwelt geschädigt – das bedeutet Folgekosten. Um Kunden dafür zu sensibilisieren, weisen einige Discounter mit doppelten Preisschildern darauf hin. Der Wirtschaftsinformatiker Tobias Gaugler hofft auf einen nachhaltigen Effekt.
Ein ökologisches Experiment im Supermarkt soll Kunden für Umweltkosten sensibilisieren. Deshalb zeigen einige Discounter künftig zwei Preise: Neben dem normalen Preis sind auch noch die Folgekosten für Umweltschäden mit einberechnet. Zwei Preisschilder machen den Unterschied plakativ deutlich.
Vor allem Hackfleisch müsste teurer sein
Bei der Ermittlung der Preise seien vor allem bei tierischen Lebensmitteln sehr hohe Folgekosten aufgetreten, sagt der Wirtschaftsinformatiker Tobias Gaugler von der Universität Augsburg, dessen Team die Preise für den Discounter Penny berechnet hat. "Fleisch, Milchprodukte, Käse haben bereits eine größere Wertschöpfungskette hinter sich als rein pflanzliche Produkte", sagt Gaugler.
Das gelte vor allem für Hackfleisch. Es wird für 2,25 Euro verkauft, aber müsste nach der Berechnung der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen eigentlich 5,09 Euro kosten, wie die Beschriftung jetzt anzeigt. Bis Hackfleisch entstanden sei, müsse zunächst Tierfutter angebaut werden und die Exkremente der Tiere führten zu Umweltfolgeschäden.
Dieser Versuch, die "Preiswahrheit" sichtbarer zu machen, sei ein Ansatz bei Lebensmitteln, aber auch beim Wohnen oder der Mobilität, damit der Staat stärker regulierend eingreife, um Umweltschäden einzudämmen, so der Wirtschaftsinformatiker. Es sei ein erster Schritt, im Supermarkt ein paar Produkte entsprechend zu beschildern. Das unerwartet gute Medienecho zeige, dass es bei den Verbrauchern Aufmerksamkeit dafür gebe.
Die Sprache des Euro verstehen alle
"Wenn wir die wahren Preise nicht kennen würden, wäre es auch nicht möglich, über sie zu diskutieren", so Gaugler. Dann könne auch nicht debattiert werden, wer diesen höheren Preis eigentlich bezahle. "Die Sprache des Euro ist durchaus etwas, was ein Konsument versteht und die Politik verstehen kann." Auch die produzierenden Landwirte könne das erreichen.
Für Discounter wie Penny oder Rewe sei diese Aktion gut, um positiv auf sich aufmerksam zu machen, meint der Wirtschaftsinformatiker. Er sei bei der Zusammenarbeit positiv davon überrascht, dass die Supermarktketten durchaus einräumten, als Billiganbieter ein Teil des Problems zu sein.
Fragen nach der Verantwortung
Es stelle sich die Frage, ob die Kunden, Einzel- und Großhändler oder die Wirtschaftspolitik an "Dumpingpreisen" schuld seien. "Ich glaube, jeder hat da seinen Anteil", so Gaugler. Deshalb sei es sinnvoll, dass Wissenschaftler aus dem universitären Elfenbeinturm herausgingen und mit Partnern in der Praxis zusammenarbeiteten. Er hoffe, dass diese Aktion keine einmalige Marketingaktion bleibe, sondern sich Folgeschritte ergeben.
(gem)