"Ein bisschen Etikettenschwindel"
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In Berlin startet ein Pilotprojekt zur Überwindung von Hartz-IV-Karrieren – das sogenannte solidarische Grundeinkommen. Der Wirtschaftswissenschaftler Dominik Enste sieht das Vorhaben kritisch. Langzeitarbeitslosen werde damit wenig geholfen.
In Berlin soll es künftig eine Alternative zu Hartz IV geben: Der Senat will zunächst 250 Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integrieren, deren Vermittlungschancen als schlecht gelten. Dafür schafft er Stellen als Mobilitätsbegleiter, Hausmeister, als Unterstützung für Lehrer an Schulen oder in Pflegeeinrichtungen.
Dieses Grundeinkommen ist nicht "bedingungslos"
Neu sei diese Idee nicht, sagt Dominik Enste, Leiter des Kompetenzfelds Verhaltensökonomik und Wirtschaftsethik am Institut der deutschen Wirtschaft (DIW). Neu sei lediglich, "das Ganze als solidarisches Grundeinkommen zu bezeichnen - also quasi ein bisschen Etikettenschwindel zu betreiben".
Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen, wie es etwa die Partei Die Linke fordere, habe das Modell wenig zu tun, betonte er. Denn weder sei die Teilnahme bedingungslos, noch handele es sich wirklich um ein Grundeinkommen, wenn man für Arbeitsleistungen im zweiten Arbeitsmarkt vom Staat zusätzliches Geld erhalte.
Keine echte Hilfe für Langzeitarbeitslose
Dazu komme, dass das Berliner Modell Menschen betreffe, die ihre Beschäftigung noch nicht lange verloren hätten. "Ich befürchte, wenn ich diese Personen auswählen müsste und möchte, dass das Experiment ein Erfolg wird – dass ich im Prinzip Menschen aussuchen würde, die eigentlich ganz gut am ersten Arbeitsmarkt tätig werden könnten, sodass dieses Experiment am Ende eben auch nicht den wirklich Betroffenen hilft, die schon für eine längere Zeit aus dem Arbeitsleben herausgefallen sind." Er glaube eher, dass man hier viel Geld in die Hand nehme, "um ein Exempel zu statuieren, dass man sagen kann, Hartz IV muss überwunden werden – und wir schaffen das in Berlin".
(ckü)