Franziskus geht nach Lund
Worüber werden Katholiken und Protestanten reden? Gibt es nur ein paar schöne Fotos? Ein Blick auf den historischen Besuch des Papstes in der evangelischen Kirche von Lund am kommenden Montag.
Matthias Türk: "Es ist eine Wegmarke. Eine Selbstbesinnung und ein Blick nach vorne auf dem Weg zur größeren Einheit."
Nicht mehr und nicht weniger: Das meint Matthias Türk vom Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen zu dem historischen Ereignis von Lund. Der Monsignore bemüht sich im Auftrag des Papstes hauptamtlich um die Ökumene. Da geht es um substanzielle Fragen kirchlichen Selbstverständnisses. Etwa: Wie die Sakramente zu verstehen seien. Was eigentlich eine komplette Kirche sei. Oder welche Rolle Priester und kirchliche Würdenträger bis hin zum Papst zu spielen haben. Theologisch sind die Gräben zwischen beiden christlichen Konfessionen noch tief. Aber:
"Wenn wir diese Schritte inhaltlich gemeinsam meistern, dann ist auch das lang ersehnte Ziel der Eucharistie-Gemeinschaft, der Gemeinschaft am Tisch des Herrn in nicht mehr in so weiter Ferne."
Das ist vorsichtig diplomatisch formuliert. Deutlicher wird der Protestant Christoph Markschies, Professor für Ältere Kirchengeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin:
"Lund ist ein historisches Ereignis – allein deswegen, weil wir das Vergnügen haben, dass der Papst und eine Frau – sogar eine ehemals deutsche Pfarrerin aus Westfalen, die heute Erzbischöfin von Uppsala ist – nebeneinander stehen werden und nicht nur gemeinsam ihre Schuld bekennen werden, sondern der Papst wird auch bekennen, was das Gute an der Theologie Luthers für die katholische Kirche. Mehr kann man eigentlich nicht wollen."
Christoph Markschies sieht das gegenseitige Bezeugen der Schuld aneinander und die Würdigung der Theologie des Reformators als großen ökumenischen Gewinn des Treffens:
"Vor allem ist sehr erfreulich, dass es nicht bei diesen beiden bleibt, sondern man auch noch Aufgaben für die Zukunft formulieren will. Das ist eine sehr erfreuliche Sache."
Sind die Protestanten erwartungsvoller als die Katholiken? Thomas Bremer ist katholischer Professor für Ostkirchenkunde und Ökumenische Theologie an der Universität Münster:
"Es gab schon vorher Treffen der Päpste, der Vorgänger-Päpste mit den Repräsentanten des Protestantismus. Es gab auch schon ökumenische Gottesdienste. Aber es ist eben das Besondere, dass es anlässlich dieses Jubiläums stattfindet."
Eine gemeinsame Kirche beider Konfessionen kann sich Bremer bei allen Fortschritten in der Ökumene noch nicht vorstellen – nach 500 Jahren Spaltung zwischen Katholiken und Protestanten.
"Was man sich vorstellen kann und was anzustreben ist, ist eine gegenseitige Anerkennung und eine Art Gemeinschaft von Kirchen, dass sie sich nicht mehr gegenseitig das Kirche-Sein absprechen, sondern dass sie sich gegenseitig als Kirchen akzeptieren und dass dann eben auch das gemeinsame Abendmahl, also der Empfang des Abendmahls in der jeweils anderen Kirchen möglich sein wird."
Vielleicht gibt es in Lund nur ein paar schöne Bilder aus dem Dom zu Lund, dem ältesten Dom Skandinaviens. Aber wenn man sich vorstellt, dass Katholiken und Protestanten grausame Kriege gegeneinander geführt haben, hat auch das symbolische Bedeutung.
"Ich plädiere immer dafür, das Glas für halb voll anzusehen. Man soll nicht vergessen, dass es gleichzeitig auch halb leer ist, aber sich darauf konzentrieren, was schon erreicht ist."
... meint Christoph Markschies, der protestantische Theologe.