Bundeskanzler Faymann tritt zurück
Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann tritt von all seinen Ämtern zurück. Der Sozialdemokrat begründete das mit mangelnder Rückendeckung in seiner Partei. Übergangsweise soll Vizekanzler Reinhold Mitterlehner das Amt übernehmen.
Die Spitze seiner Partei SPÖ war zusammengekommen, um nach dem Debakel beim Vorentscheid der Bundespräsidentenwahl über die Zukunft der Partei zu beraten. Vor dem Treffen hatte Faymann noch betont, er werde nicht zurückgetreten. Am Mittag begründete er seinen Schritt mit verlorenem Rückhalt in seiner Partei. Er trat auch als Vorsitzender der sozialdemokratischen SPÖ zurück: "Dieses Land braucht einen Kanzler, wo die Partei voll hinter ihm steht."
Die Bundeswahl war ein Schock für die SPÖ, das sei ein Warnsignal gewesen, meint Armin Thurnher, Herausgeber und Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung "Falter". Ihm sei es nicht gelungen, die Dinge für sich zu richten. "Wenn wir jetzt nicht Glück haben, dann haben wir bald einen rechten Bundespräsidenten", sagt Thurnher.
Armin Thurnher im Interview:
Faymann war seit Dezember 2008 österreichischer Bundeskanzler. Er war nach der Niederlage seiner Partei in der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl am 24. April mit Rücktrittsforderungen konfrontiert worden.
Vorwurf der Führungsschwäche
"Es ist ein Paukenschlag für die österreichische Politik", sagte der Wiener ARD-Korrespondent Ralf Borchard auf Deutschlandradio Kultur, "ein Schritt, der trotz aller Spekulationen jetzt überraschend kam." In der Kritik habe der 56-Jährige schon seit langem gestanden: "Immer wieder wurde Faymann Führungsschwäche vorgeworfen. Auch sein Schwenk in der Flüchtlingspolitik – weg von einer Willkommenskultur hin zu Abschreckung und Grenzzäunen – wurde von Teilen der SPÖ heftig kritisiert."
Unmittelbarer Anlass für den Rücktritt ist das desaströse Abschneiden der SPÖ in der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl. Der Kandidat der rechten - und zuwanderungskritischen - FPÖ, Norbert Hofer, hatte sich bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen klar gegen die Bewerber der Regierungskoalition von ÖVP und SPÖ durchgesetzt. Am 22. Mai entscheiden die Österreicher endgültig über einen neuen Bundespräsidenten. Für die beiden großen früheren Volksparteien ist es damit das erste Mal, dass sie nicht den Bundespräsidenten stellen.
Der Niederlage waren eine Reihe weiterer Schlappen für SPÖ und ÖVP bei Wahlen in einzelnen Bundesländern vorausgegangen. Die SPÖ und die konservative Volkspartei ÖVP dominieren seit Jahrzehnten die österreichische Politik. Allerdings vollzog sich eine schleichende Erosion ihrer Wählerschaft, bei der Parlamentswahl 2013 kamen sie zusammen gerade noch auf eine Mehrheit der Mandate. In aktuellen Umfragen liegt die FPÖ vorn.
Wer könnte Faymanns Nachfolger werden? Dazu Ralf Borchard:
"Wie es nun weitergeht in Österreich, ob sich die Große Koalition halten kann, ob der Chef der österreichischen Bundesbahn ÖBB, Christian Kern, für Faymann nachrückt, derzeit ist alles offen."