Österreich und seine Schriftsteller

Nach einem Gespräch mit Sigrid Löffler · 13.05.2005
Über die österreichische Literatur sprach Deutschlandradio Kultur mit der Publizistin und Literaturkritikerin Sigrid Löffler, Gründerin der Zeitschrift "Literaturen" und ehemalige Mitstreiterin im "Literarischen Quartett". Sie nennt die österreichischen Autoren "die Vorreiter des österreichischen Selbsthasses"
Literaturkritikerin Sigrid Löffler bezeichnet das Verhältnis zwischen den Deutschen und der österreichischen Literatur als ein "koloniales Abhängigkeitsverhältnis". Das, was tauglich sei an österreichischen Autoren wie Rainer Maria Rilke, Peter Handke oder Ingeborg Bachmann werde dem Kanon der deutschen Literatur zugeschlagen und als deutsche Dichter vereinnahmt. Was dagegen nichts tauge, gelte als österreichische Provinzliteratur.

Auch gebe es kein nennenswertes österreichisches Verlagswesen, denn die österreichische Literatur erscheine zum Großteil in deutschen Verlagen, da die meisten österreichischen Autoren auf den "80-Millionen-Resonanzraum" des deutschen Marktes angewiesen seien. Zugespitzt seien Luchterhand, Suhrkamp und S. Fischer österreichische Verlage, weil alle namhaften österreichischen Autoren wie Elfriede Jelinek, Christoph Ransmayr, Thomas Bernhard, Friederike Mayröcker, Gerhard Roth, Joseph Hasslinger, Ernst Jandl oder Daniel Kehlmann in diesen Verlagen erschienen.

Die Literaturkritikerin nennt die österreichischen Autoren seit den späten 50er, 60er Jahren "die Vorreiter des österreichischen Selbsthasses", da sie das moralische Versagen der österreichischen Schriftsteller während der Nazizeit zu ihrem eigentlichen Thema gemacht hätten. Sie hätten die Schuld gesühnt, die in Österreich nie wirklich gesühnt worden sei.

Sie können einen Auszug aus dem Gespräch sowie ein Gedicht von Elfriede Jelinek als Audio in der rechten Spalte hören.

Am 13.5.2005 ist Österreich Schwerpunktthema im Deutschlandradio Kultur.
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Elfriede Jelinek mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden 2004© AP
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