Politiker zwischen "Nebelsprech" und Populismus
Waren Günther Oettingers Äußerungen über Chinesen rassistisch? Oder ist die harsche Kritik am Hamburger Auftritt des EU-Kommissars Ausdruck übertriebener politischer Korrektheit? Mit dem Sprachwissenschaftler Martin Haase versuchen wir eine Einordnung.
"Pflicht-Homoehe" und Chinesen als "Schlitzaugen" - Günther Oettingers umstrittene Rede vor Unternehmern in Hamburg hat erneut eine Diskussion darüber ausgelöst, was Politiker öffentlich sagen dürfen.
Während etwa ZDF-Moderator Claus Kleber Oettinger per Twitter indirekt verteidigte, ist "#Oettigate" für den Sprachwissenschaftler Martin Haase von der Universität Bamberg weniger eine Frage der politischen Korrektheit. "Ich würde eher sagen, das ist Rassismus", sagte Haase im Deutschlandradio Kultur. Chinesen "Schlitzaugen" zu nennen - "das sollte man als Politiker so vielleicht nicht sagen".
Gegenläufig Trends in der Entwicklung von Politikersprache
Generell beobachtet Haase zwei gegenläufige Entwicklungen im Sprachgebrauch von Politikern: So habe einerseits die Tendenz von Politikern, sprachlich im Unklaren zu bleiben, in den letzten Jahren zugenommen.
"Es ist eher mehr politischer 'Nebelsprech' verwendet worden", so Haase. Andererseits würden Politiker immer populistischer, könne man fast sagen. "Es ist eine Tendenz zu beobachten seit den 70er-Jahren zu stärkerer Familiarität im politischen Diskurs. Das heißt, es werden häufiger eben auch Fußballmetaphern verwendet und informelle Metaphern."
Diese Tendenz sei von Oettinger "vielleicht ins Extreme gesteigert" worden, so der Bamberger Sprachwissenschaftler.