Offener Brief gegen Sexismus

"Castorf ist ein Dinosaurier"

Theaterregisseur Frank Castorf
Regisseur Frank Castorf bekommt Gegenwind von Theatermacherinnen. © picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini
Miriam Tscholl im Gespräch mit Susanne Burkhardt |
Theaterregie - das können die Männer besser, meint Frank Castorf in einem Interview. Diese sexistische Äußerung prangern nun Theatermacherinnen in einem offenen Brief an. Die Regisseurin Miriam Tscholl erklärt, warum sie unterschrieben hat.
Jetzt reicht's aber, dachte sich die Kuratorin und Dramaturgin Felicitas Stilleke, als sie das Interview mit Frank Castorf in der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag vor einer Woche las. Darin spricht der langjährige Volksbühnen-Intendant über seine Münchner "Don Juan"-Inszenierung und antwortet später auf die Frage, warum an der Volksbühne so selten Frauen inszenierten mit einem Vergleich von Männer- und Frauenfußball.

Gegen die Unterdrückung der Frau im Theaterbetrieb

Felicitas Stilleke verfasste daraufhin einen offenen Brief, in dem sie erklärte, warum sie diese Art "Gedanken- und Assoziationsstrudel" weißer, priveligierter Männer satthabe. In unserem Programm erläuterte sie das so:
"Das Gefährliche, was da geäußert oder wiederholt wurde in diesem Sexismus, dass er quasi einen biologischen Unterschied zwischen Mann und Frau aufmacht und damit eigentlich eine strukturelle Diskriminierung oder Unterdrückung der Frau im Theaterbetrieb und in der Kunstszene begründen will."
Dieser Meinung schließen sich inzwischen mit ihrer Unterschrift unter dem offenen Brief mehr als 600 Künstler*innen und Theatermacher*innen an – darunter auch Miriam Tscholl. Sie ist Leiterin der Bürgerbühne in Dresden.
Miriam Tscholl ist Regisseurin am Dresdner Staatsschauspiel.
Miriam Tscholl ist Regisseurin am Dresdner Staatsschauspiel.© picture alliance / Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

"Unterirdischer" Fußballvergleich

Ihre Entscheidung erläutert Tscholl so:
"Castorf ist ein Dinosaurier und der wird sterben. Und der Vergleich mit dem Männer- und Frauenfußball, der ist so unterirdisch, dass er sich damit selbst entlarvt, weil es bei Regie einfach nicht um menschlichen Muskelaufbau geht."
Eigentlich gehe er ihr überhaupt nicht um Castorf, sondern es sei einfach an der Zeit, "hier und da mal den Mund aufzumachen", meinte Tscholl.
Sie treffe sich seit Jahren regelmäßig mit anderen Theatermacherinnen. Nach wie vor werde Frauen seltener die "große Bühne" angeboten, stattdessen würden sie öfter für Weihnachtsmärchen und Uraufführungen angefragt. Mit den Unsicherheiten beim Verhandeln der Gage sei es noch nicht vorbei. Intendanten würden immer noch davon ausgehen, dass Frauen kompromissbereiter sind.
(huc)
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