Falsch etikettierter Heimatroman
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Mit Erheiterung und Empörung hat die Öffentlichkeit in Österreich auf "Sebastian Kurz – die offizielle Biografie" reagiert. Autor Gerhard Ruiss sieht in dem Buch von Judith Grohmann eher einen Heimatroman - der Kurz in den Heiligenstand heben soll.
Am 11. September wird das Buch "Sebastian Kurz – die offizielle Biografie" der Autorin Judith Grohmann erscheinen. Bereits vorab wurden Auszüge bekannt. Die Reaktionen reichen von Empörung bis Erheiterung. In Österreich wurde bereits der Vergleich zu dem Bestseller "Fifty Shades of Grey" genutzt – ein entsprechender Hashtag macht im Internet die Runde.
Kein Bezug zur Zeitgeschichte
Für den Autor und Musiker Gerhard Ruiss, Leiter der österreichischen Interessensgemeinschaft der Autorinnen und Autoren, ist das Buch "im Grunde genommen alles, nur keine Biografie". Vielmehr handele es sich um die in Österreich weit verbreitete Form des Heimatromans, so Ruiss im Deutschlandfunk Kultur. Es könne aber auch in die Kategorie der Fan-Fiction-Literatur eingeordnet werden.
Das Tragische an dem Kurz-Buch sei, dass es zu einer Biografie erklärt worden sei, obwohl es nichts mit Zeitgeschichte zu tun habe, sagt Ruiss. Indem der Inhalt nicht an Fakten gebunden worden sei, werde der ehemalige Bundeskanzler mythologisiert und in höhere Sphären entrückt.
"Das hat mit der Realität wenig zu tun, sondern mit der Fortsetzung einer Erzählung, die schon Anfang 2018 begonnen hat: Der jüngste Kanzler, unglaublich talentiert, eloquent – er hat nur die besten Attribute erhalten. Das setzt sich jetzt fort und es wird noch mal eins drauf gesetzt", sagt Ruiss.
Eine Heiligenlegende wird erschaffen
Die Autorin Judith Grohmann sei zuvor als Publizistin in Erscheinung getreten, vor allem mit Sachbüchern. Nun hab sie ein Buch vorgelegt, das ein Roman sei, sich aber als Sachbuch ausgebe: "Das ist die Bildung einer Heiligenlegende. Das hat mit Politik gar nichts mehr zu tun."
Kurz-Biografien erscheinen offenbar gerade in Serie, hat Ruiss beobachtet. Seit Anfang 2018 seien mehrere herausgekommen, in immer kürzeren Intervallen, und immer weniger sachbezogen. Eine politische Bilanz sei hingegen ausgeblieben.
(rzr)