Offizierin Nariman Hammouti-Reinke

"Wir brauchen hauptamtliche, islamische Militärseelsorger"

Nariman Reinke, stellvertretende Vorsitzende des Vereins DeutscherSoldat e.V., aufgenommen am 07.04.2016 in der Axel-Springer-Passage in Berlin. Foto: Susann Prautsch/dpa (zu dpa-story - Islamismus in der Bundeswehr) | Verwendung weltweit
Soldatin Nariman Hammouti-Reinke: "Plakativ zeigen, wie die Truppe aussieht." © dpa
Moderation: Florian Felix Weyh · 02.02.2019
Nariman Hammouti-Reinke ist Muslima und Offizierin in der Bundeswehr. In "Ich diene Deutschland" spricht sie über ihren Dienst, die Ausübung ihrer Religion und was die Bundeswehr tun sollte, damit sie noch vielfältiger wird – so wie die Gesellschaft.
Nariman Hammouti-Reinke fängt in ihrem Buch "Ich diene Deutschland" ganz von vorne an: Sie erklärt, was Soldaten sind, wie deren Arbeit aussieht, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Sie hält das auch für nötig, denn das Bild, das in der deutschen Gesellschaft vom Soldaten vorherrsche, treffe die Realität nicht. Das Bild reiche vom Soldaten als Waffennarr, Kriegstreiber, Sexisten, Rassisten bis zum Mörder, sagt Hammouti-Reinke
"Und deswegen kommen wir nie in die Mitte der Gesellschaft!" Das sei einer der Gründe, warum sie ihr Buch geschrieben habe: "Ich bin der Meinung, dass Deutschland auf seine Streitkräfte wirklich stolz sein kann."

Mängel in der Ausstattung

Das Buch beschäftigt sich in vielen Passagen sehr kritisch mit der Bundeswehr – etwa was die Ausstattung der Soldaten angeht. "Übungskünstlichkeit ist das Wort, was durch die Bank alle Soldaten am meisten hassen."
Sie könnten gar nicht mit dem Gerät gar nicht trainieren, das im Einsatz dann genutzt werde. "Wir sehen meistens die Geräte, die Fahrzeuge, mit denen wir dann unterwegs sind, die richtige Ausstattung, mit der wir dann arbeiten müssen, wenn wir im Einsatzgebiet angekommen sind."
So könne man jedenfalls nicht so üben wie man dann im Einsatz kämpfe, bemängelt die Offizierin. "Das ist gefährlich", bestätigt Hammouti-Reinke, die 1979 als Kind marokkanischer Eltern in der Nähe von Hannover geboren wurde.

Vielfalt in der Bundeswehr

Sie sagt, die Bundeswehr müsse sich auch stärker darauf einstellen, dass die Soldaten vielfältiger seien als früher – und sich auch vielfältiger darstellen: "Wenn man das Imageproblem der Bundeswehr bekämpfen möchte, um mehr Personal zu gewinnen, braucht man ein bisschen mehr als jetzt neuerdings, eine Frau mit blonden Haaren in einer Uniform abzubilden."
Dass Frauen Dienst an der Waffe leisten könnten, sei seit 2001 bekannt, sagt sie: "Jetzt müssen wir uns auf die die Vielfalt und die Vielfaltsgesellschaft konzentrieren, die wir brauchen", verlangt sie, um den Personalbedarf der Bundeswehr zu decken. Dazu müssen man offensiv alle Menschen in Deutschland ansprechen.
"Sie werden nie das Klischee des 1,85 Meter großen, mit kurzgeschorenen blonden Haaren, rassistischen Bundeswehrsoldaten los werden – weil man uns immer in den selben Topf wie die Wehrmacht und die NVA wirft – wenn sie nicht wirklich plakativ zeigen, wie die Truppe aussieht – und wie Deutschland aussieht, und Deutschland sieht auch aus wie ich."

Islam und Bundeswehr

Ihre Religion bringe ein paar Besonderheiten mit, angefangen vom Essen bis zu Vorkehrungen für den Fall, dass sie im Einsatz falle. So hat sie genau aufgeschrieben, wie sie als Muslima bestattet werden will.
Ihren Glauben sieht sie in den Strukturen der Bundeswehr allerdings noch nicht ausreichend berücksichtigt. Dass es keinen Geistlichen für Muslime in der Bundeswehr gebe, sei wirklich ein großer Mangel. Sie unterstütze das Plädoyer des Wehrbeauftragten, der sich gerade für islamische Geistliche ausgesprochen habe – aber nicht dessen Einschränkung.
Hans-Peter Bartels habe nämlich auch gesagt, dass islamische Militärseelsorger ehrenamtlich arbeiten sollten. "Nein, das ist nicht richtig. Wir brauchen zwei bis drei hauptamtliche, islamische Militärseelsorger und wir brauchen auch jüdische Militärseelsorger", sagt sie.
"Ich habe jüdische Kameraden in meiner Laufbahn in 14 Jahren auch kennengelernt – und die haben genau mit denselben Dingen zu kämpfen, mit denen ich auch zu kämpfen habe", sagt sie.

Nariman Hammouti-Reinke: "Ich diene Deutschland. Ein Plädoyer für die Bundeswehr – und warum sie sich ändern muss"
Rowohlt Verlag, 256 Seiten, 14,99 Euro

Mehr zum Thema