Olafur Eliasson: "In Real Life"
11. Juli 2019 bis 5. Januar 2020
Tate Modern, London
Achterbahnfahrt in eine andere Welt
05:01 Minuten
Wer die Ausstellung "In Real Life" von Olafur Eliasson in London besucht, kann sie mit all seinen Sinnen erfahren. Der Besucher wandelt durch bunte Lichtwelten, entdeckt ein Stück Natur und wird zum Komplizen des isländisch-dänischen Künstlers.
Schon bevor man die Räume der Tate Modern an der Themse betritt, merkt man: Olafur Eliasson war hier. Ein 11 Meter hoher Wasserfall rauscht vor den Türen der Galerie.
Wer sich an Eliassons Projekte in New York oder Versailles erinnert fühlt, liegt nicht falsch. Unter dem Titel "Olafur Eliasson: In Real Life" hat die Tate Modern eine Art best-of des isländisch-dänischen Künstlers versammelt. Eine Übersichtsausstellung, sagt Achim Borchardt-Hume, verantwortlich für die Ausstellungen der Galerie:
"Der Moment schien einfach richtig, jetzt seine Arbeiten im großen Rahmen zu zeigen. In dem Sinne, dass wir versuchen wollten dem Publikum zu vermitteln, wie Olafurs Werk sich entwickelt hat."
Kunst, die lebt
Im ersten Raum steht eine imposante Glasbox voller Modelle aus Papier, Holz oder Draht. Die geometrischen Formen erinnern an die wissenschaftliche Arbeit, die vielen von Eliassons Arbeiten zugrunde liegt. Im nächsten Raum riecht es nach Natur.
"Wir stehen vor einer riesengroßen Wand, sechseinhalb Meter hoch und zwölf Meter lang, die komplett mit Moos gefüllt ist. Die also de facto lebt. Ein lebender Organismus in der Galerie. Man hat das Gefühl sofort, wenn man reinkommt, man kann das riechen. Es geht also nicht nur um ein Bild, sondern es geht auch um andere Sinne."
Darf man das anfassen?
"Man darf das anfassen. Wie immer, das ist auch so eine Art des Verantwortungsbewusstseins des einzelnen Besuchers, dass man das anfassen darf. Und wir hoffen einfach, dass es auf nette Art und Weise angefasst wird", erklärt Borchardt-Hume.
Der Besucher als Entdecker
Man kann sich auch hinsetzen und Eliassons Kunst einfach anschauen. Aber dann verpasst man die Hälfte. Wer sie erleben will, muss sich bewegen, sich mit ihr unterhalten, sie erkunden. Besucher werden so zu Komplizen des Künstlers. Das Werk "Your uncertain shadow" wirft die Schatten der Besucher mehrfach, bunt und überlebensgroß an eine Wand.
Und "Your blind passenger" aus dem Jahr 2010 ist ein Tunnel voller Licht und Nebel, in dem man keine anderthalb Meter weit sehen kann. Die Orientierungslosigkeit bereitet einen angenehmen Kitzel. Langsam tastet man sich durchs Licht, das mit jedem Schritt die Farbe ändert und wünscht sich, der Tunnel würde nie aufhören.
"Ich denke, eine der großen Beiträge, die Künstler leisten können, ist, Bilder zu schaffen, die kommunizieren, die eine Verbindung herstellen. Und Olafur Eliasson ist einer der wirklichen Meister dabei das zu machen. Er produziert Arbeiten, die einerseits sehr offensichtlich sind. Man weiß immer, wie das funktioniert. Es gibt kein Geheimnis. Trotzdem kann man sich der Magie und des Zaubers nicht entziehen."
Einen weiteren seiner optischen Tricks präsentiert Eliasson in einem Raum namens Beauty – Schönheit.
Das Werk stammt aus dem Jahr 1993. Die Zutaten stehen auf einem Schild: Scheinwerfer, Wasser, Düsen, Holz, Schlauch, Pumpe.
"Es ist dunkel. Es fällt einfach Wasser von der Decke auf den Boden. Als ob das Wasser aus dem Nichts kommt und wieder im Nichts verschwindet. Und durch das Licht wird es ein Regenbogen. Und obwohl es natürlich offensichtlich ist, wir wissen alle, wie Regenbogen funktionieren – einen Regenbogen innerhalb der Galerie zu sehen, ist ein unglaubliches Erlebnis."
Ausstellung, die träumen lässt
Die Werke Eliassons aus drei Jahrzehnten schwanken zwischen monumental und beiläufig. Aber es gibt die für ihn typischen Themen, die alles verbinden: Natur und Kunst. Licht und Schatten. Geometrische Formen und das Spiel mit den menschlichen Sinnen.
Mehr als 40 Arbeiten hat die Tate Modern versammelt. Wer sich auf alle Arbeiten einlässt, begibt sich auf eine einmalige Achterbahnfahrt. Eliassons Kunst macht wach und lässt träumen - von einer Welt, in der "In Real Life" zur Dauerausstellung wird.