Olbertz begrüßt mehr Geld des Bundes für Bildungsausgaben
Der parteilose Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Jan-Hendrik Olbertz, begrüßt die Idee der Bundesregierung, drohende Steuerausfälle in den Ländern durch mehr Bildungsausgaben des Bundes zu kompensieren. Allerdings müsse gewährleistet werden, dass das Geld tatsächlich in die Bildung fließt.
Christopher Ricke: Zum Jahresanfang sollen die Steuerzahler entlastet werden, damit sich das Wachstum beschleunigt, darum hat sich die Politik das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ausgedacht. Allerdings müssen noch die Bundesländer überzeugt werden, denn die müssen einen großen Teil der Steuerausfälle tragen, und dem müssen sie auch noch im Bundesrat zustimmen. Also hat man sich etwas ausgedacht: drohende Steuerausfälle durch höhere Bildungsausgaben zu kompensieren.
Man will damit vor allen Dingen die eigenen Leute überzeugen, also die Landesregierungen, die von CDU und FDP gestellt werden. Da geht es dann um Themen wie Parteidisziplin. In rot geführten Ländern geht es um so etwas wie Opposition, also ist es klug, einmal inhaltlich nachzufragen in einem Land, das von einer Großen Koalition regiert wird, das also aus diesen Parteiverpflichtungen raus ist. Ich spreche jetzt mit Jan-Hendrik Olbertz, er ist der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt. Guten Morgen, Herr Olbertz!
Jan-Hendrik Olbertz: Guten Morgen, ich grüße Sie!
Ricke: Fangen wir mal mit dem Positiven an: Was ist gut an der Idee, diese Ausfälle zu kompensieren, indem man mehr Geld in die Bildung steckt?
Olbertz: Na ja, das sind ja kommunizierende Röhren, wenn man die Wirtschaft ankurbeln will durch Steuersenkungen – und um nichts anderes geht es –, ist das mit Ausfällen in der Einnahmebilanz der Länder verbunden. Wenn man das kompensiert und diese Kompensation an einen Schwerpunkt bindet und dieser Schwerpunkt lautet Bildung, dann finde ich das im Kern erst mal eine gute Idee.
Ricke: Aber ist das nicht ungerecht zu sagen, alle müssen sich einschränken, nur bei der Bildung machen wir eine Ausnahme?
Olbertz: Na ja, ich weiß nicht, ob man da mit dem Begriff der Gerechtigkeit weiterkommt. Jede politische Prioritätensetzung ist insofern ungerecht, als bei konstantem Budget das Geld dann anderswo nicht eingesetzt werden kann. Da müssen wir uns überlegen, wie wichtig uns Investitionen in die Zukunft in Bezug auf Bildung und Wissenschaft sind. Das liegt in der Natur der Sache.
Ricke: Jetzt sagt ja die Bundesbildungsministerin Annette Schavan, dieses Konzept sei ein politisches Gesamtkunstwerk. Ist das denn wirklich ein Kunstwerk oder ist es eher ein Flickwerk?
Olbertz: Na ja, angesichts der Finanzsituation von Bund und Ländern ist das schon so eine Art höhere Kunst, unter diesen Bedingungen mehr Geld für Bildung und Wissenschaft zu erlangen. Und umgekehrt, angesichts der Verschuldung, die wir ja auch durch das Konjunkturprogramm eingegangen sind und die vorher schon bestand, muss man schon Lebenskünstler sein, so vorzugehen.
Ricke: Herr Olbertz, Sie kennen Ihre Kollegen von der Kultusministerkonferenz, Sie kennen die Kollegen, die parteilich stark gebunden sind, die sich auch in eine Parteidisziplin möglicherweise hineinfügen. Was sagen die denn? Ist das etwas, was wirklich alle Kultusminister der Länder überzeugt oder ist das sehr stark parteiabhängig?
Olbertz: Also ich denke, in Bezug auf die Wünsche, die die Kultusminister haben und die ja nicht maßlos sind, ist das relativ parteiübergreifend. Nur wir sind natürlich mit unseren Ressortinteressen eingebunden in die jeweiligen Gesamtbilanzen, und mir ist es auch nicht gleichgültig, obwohl ich gar kein Finanzpolitiker bin, wie wir mit der Verschuldung weitermachen. Und ich kann schon die Haltung der Länder verstehen, da vorsichtig zu sein. Sie können nicht einfach voraussetzungslos Einnahmeverluste hinnehmen, zumal ja diese Einnahmeverluste sich auch dann in einer Begrenzung der Ausgaben und das wiederum gerade für Bildung niederschlagen. Und ich muss ehrlich sagen, also wenn ich mir Gedanken mache um die nachfolgende Generation, um deren Bildung es geht, dann muss ich auch sagen, Bildung ist ja hoffentlich mehr als nur Kompetenz und Kreativität zum Schuldenabbau eines Tages. Also wir können auch nicht alles auf Kosten der jungen Generation machen, insbesondere wenn wir das Wort Bildung im Mund führen.
Ricke: Jetzt haben wir aber beim Thema Schuldenabbau in der Weltfinanz- und Wirtschaftskrise sozusagen die Konsolidierung erst einmal verschoben. Wäre es denn sinnvoll, dieses Verfassungsziel, dieses Schuldenverbot auch zu verschieben, damit jetzt Luft ist, damit jetzt Steuern gesenkt werden können und damit auch jetzt Geld in die Bildung kommt?
Olbertz: Also die Verfassung sieht ja an der Stelle, wenn ich es nicht falsch in Erinnerung habe, auch vor, in bestimmten Notlagensituationen diese Verabredung zu variieren, und ich halte es auch für vernünftig, denn die Wirtschaft ankurbeln müssen wir in jedem Fall, denn das ist ja die Quelle der Einnahmen durch Steuern, die am Ende notwendig ist, um Bildungsausgaben zu finanzieren und auch um das Lissabon-Ziel zu erreichen mit den zehn Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Also ich glaube gar nicht, dass wir da auf einen Verfassungskonflikt hinauslaufen. Die Verfassung jedenfalls schließt vernünftige Übereinkünfte zwischen Bund und Ländern nicht aus.
Ricke: Aber vielleicht kommen wir in einen anderen Konflikt, in den Föderalismuskonflikt. Wir haben den Bildungsföderalismus und wir erleben jetzt den Versuch der Bundespolitik durch Geldströme hinein ins Bildungssystem, also sozusagen vom Bund in die Länder, über die Föderalismusgrenze hinweg, doch so etwas wie Ruhe und Frieden in der politischen Landschaft zu schaffen. Ist das in Ordnung?
Olbertz: Also ich selber kritisiere das nicht. Ich habe vorher eher einige Effekte der Föderalismusreform kritisiert, die ja doch dazu geführt hat in vielen Punkten, dass die Länder Eingeborenentänze aufführen, die jedenfalls im Bildungssystem für Mobilität und Vergleichbarkeit nicht gerade gesorgt haben und auch für die Entwicklung einigermaßen einheitlicher Maßstäbe. Also da stehen wir ohnehin vor einigen Problemen. Und wenn wir welche davon auf diese Weise jetzt geheilt kriegen, würde mich persönlich das eher freuen als verunsichern.
Ricke: Jetzt werden wir den Bildungsgipfel in wenigen Tagen im Kanzleramt erleben – sind Sie zuversichtlich, dass es wirklich um Bildung geht, oder geht es an diesem Tag darum, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu retten?
Olbertz: Das ist eine gute Frage, es geht ja nie nur und ausschließlich um Bildung, dazu ist das Thema ja viel zu komplex und vernetzt mit den anderen politischen Gestaltungsthemen. Ich kann mir schwer vorstellen, dass man am 16. Dezember auseinandergeht und sich gegenseitig attestiert, erfolglos gewesen zu sein. Also ich vertraue dann schon darauf, dass rechtzeitig eine Einigung da ist. Die muss aber auch fair und ausgewogen sein und sie muss am Ende den Effekt beinhalten, tatsächlich mehr Anstrengungen für die Bildung und nicht neue Rechenmodelle, um den Nachweis zu führen, wir täten längst genug oder womöglich schon zu viel.
Ricke: Jan-Hendrik Olbertz, er ist der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt. Vielen Dank, Herr Olbertz!
Olbertz: Ja, ich danke Ihnen auch!
Man will damit vor allen Dingen die eigenen Leute überzeugen, also die Landesregierungen, die von CDU und FDP gestellt werden. Da geht es dann um Themen wie Parteidisziplin. In rot geführten Ländern geht es um so etwas wie Opposition, also ist es klug, einmal inhaltlich nachzufragen in einem Land, das von einer Großen Koalition regiert wird, das also aus diesen Parteiverpflichtungen raus ist. Ich spreche jetzt mit Jan-Hendrik Olbertz, er ist der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt. Guten Morgen, Herr Olbertz!
Jan-Hendrik Olbertz: Guten Morgen, ich grüße Sie!
Ricke: Fangen wir mal mit dem Positiven an: Was ist gut an der Idee, diese Ausfälle zu kompensieren, indem man mehr Geld in die Bildung steckt?
Olbertz: Na ja, das sind ja kommunizierende Röhren, wenn man die Wirtschaft ankurbeln will durch Steuersenkungen – und um nichts anderes geht es –, ist das mit Ausfällen in der Einnahmebilanz der Länder verbunden. Wenn man das kompensiert und diese Kompensation an einen Schwerpunkt bindet und dieser Schwerpunkt lautet Bildung, dann finde ich das im Kern erst mal eine gute Idee.
Ricke: Aber ist das nicht ungerecht zu sagen, alle müssen sich einschränken, nur bei der Bildung machen wir eine Ausnahme?
Olbertz: Na ja, ich weiß nicht, ob man da mit dem Begriff der Gerechtigkeit weiterkommt. Jede politische Prioritätensetzung ist insofern ungerecht, als bei konstantem Budget das Geld dann anderswo nicht eingesetzt werden kann. Da müssen wir uns überlegen, wie wichtig uns Investitionen in die Zukunft in Bezug auf Bildung und Wissenschaft sind. Das liegt in der Natur der Sache.
Ricke: Jetzt sagt ja die Bundesbildungsministerin Annette Schavan, dieses Konzept sei ein politisches Gesamtkunstwerk. Ist das denn wirklich ein Kunstwerk oder ist es eher ein Flickwerk?
Olbertz: Na ja, angesichts der Finanzsituation von Bund und Ländern ist das schon so eine Art höhere Kunst, unter diesen Bedingungen mehr Geld für Bildung und Wissenschaft zu erlangen. Und umgekehrt, angesichts der Verschuldung, die wir ja auch durch das Konjunkturprogramm eingegangen sind und die vorher schon bestand, muss man schon Lebenskünstler sein, so vorzugehen.
Ricke: Herr Olbertz, Sie kennen Ihre Kollegen von der Kultusministerkonferenz, Sie kennen die Kollegen, die parteilich stark gebunden sind, die sich auch in eine Parteidisziplin möglicherweise hineinfügen. Was sagen die denn? Ist das etwas, was wirklich alle Kultusminister der Länder überzeugt oder ist das sehr stark parteiabhängig?
Olbertz: Also ich denke, in Bezug auf die Wünsche, die die Kultusminister haben und die ja nicht maßlos sind, ist das relativ parteiübergreifend. Nur wir sind natürlich mit unseren Ressortinteressen eingebunden in die jeweiligen Gesamtbilanzen, und mir ist es auch nicht gleichgültig, obwohl ich gar kein Finanzpolitiker bin, wie wir mit der Verschuldung weitermachen. Und ich kann schon die Haltung der Länder verstehen, da vorsichtig zu sein. Sie können nicht einfach voraussetzungslos Einnahmeverluste hinnehmen, zumal ja diese Einnahmeverluste sich auch dann in einer Begrenzung der Ausgaben und das wiederum gerade für Bildung niederschlagen. Und ich muss ehrlich sagen, also wenn ich mir Gedanken mache um die nachfolgende Generation, um deren Bildung es geht, dann muss ich auch sagen, Bildung ist ja hoffentlich mehr als nur Kompetenz und Kreativität zum Schuldenabbau eines Tages. Also wir können auch nicht alles auf Kosten der jungen Generation machen, insbesondere wenn wir das Wort Bildung im Mund führen.
Ricke: Jetzt haben wir aber beim Thema Schuldenabbau in der Weltfinanz- und Wirtschaftskrise sozusagen die Konsolidierung erst einmal verschoben. Wäre es denn sinnvoll, dieses Verfassungsziel, dieses Schuldenverbot auch zu verschieben, damit jetzt Luft ist, damit jetzt Steuern gesenkt werden können und damit auch jetzt Geld in die Bildung kommt?
Olbertz: Also die Verfassung sieht ja an der Stelle, wenn ich es nicht falsch in Erinnerung habe, auch vor, in bestimmten Notlagensituationen diese Verabredung zu variieren, und ich halte es auch für vernünftig, denn die Wirtschaft ankurbeln müssen wir in jedem Fall, denn das ist ja die Quelle der Einnahmen durch Steuern, die am Ende notwendig ist, um Bildungsausgaben zu finanzieren und auch um das Lissabon-Ziel zu erreichen mit den zehn Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Also ich glaube gar nicht, dass wir da auf einen Verfassungskonflikt hinauslaufen. Die Verfassung jedenfalls schließt vernünftige Übereinkünfte zwischen Bund und Ländern nicht aus.
Ricke: Aber vielleicht kommen wir in einen anderen Konflikt, in den Föderalismuskonflikt. Wir haben den Bildungsföderalismus und wir erleben jetzt den Versuch der Bundespolitik durch Geldströme hinein ins Bildungssystem, also sozusagen vom Bund in die Länder, über die Föderalismusgrenze hinweg, doch so etwas wie Ruhe und Frieden in der politischen Landschaft zu schaffen. Ist das in Ordnung?
Olbertz: Also ich selber kritisiere das nicht. Ich habe vorher eher einige Effekte der Föderalismusreform kritisiert, die ja doch dazu geführt hat in vielen Punkten, dass die Länder Eingeborenentänze aufführen, die jedenfalls im Bildungssystem für Mobilität und Vergleichbarkeit nicht gerade gesorgt haben und auch für die Entwicklung einigermaßen einheitlicher Maßstäbe. Also da stehen wir ohnehin vor einigen Problemen. Und wenn wir welche davon auf diese Weise jetzt geheilt kriegen, würde mich persönlich das eher freuen als verunsichern.
Ricke: Jetzt werden wir den Bildungsgipfel in wenigen Tagen im Kanzleramt erleben – sind Sie zuversichtlich, dass es wirklich um Bildung geht, oder geht es an diesem Tag darum, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu retten?
Olbertz: Das ist eine gute Frage, es geht ja nie nur und ausschließlich um Bildung, dazu ist das Thema ja viel zu komplex und vernetzt mit den anderen politischen Gestaltungsthemen. Ich kann mir schwer vorstellen, dass man am 16. Dezember auseinandergeht und sich gegenseitig attestiert, erfolglos gewesen zu sein. Also ich vertraue dann schon darauf, dass rechtzeitig eine Einigung da ist. Die muss aber auch fair und ausgewogen sein und sie muss am Ende den Effekt beinhalten, tatsächlich mehr Anstrengungen für die Bildung und nicht neue Rechenmodelle, um den Nachweis zu führen, wir täten längst genug oder womöglich schon zu viel.
Ricke: Jan-Hendrik Olbertz, er ist der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt. Vielen Dank, Herr Olbertz!
Olbertz: Ja, ich danke Ihnen auch!