Oliver Bell: Strompreis-Rabatte für Industrie notwendig
Er unterstütze die Energiewende, sagt Oliver Bell, Präsident der Wirtschafts-Vereinigung Metalle (WVM). Allerdings müssten dann nicht nur die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Die Umstellung müsse mit bezahlbarem Strom erfolgen und die Industrie in Deutschland müsse erhalten bleiben.
André Hatting: Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz will Ökostrom fördern, und deshalb garantiert es deren Erzeugern bestimmte Abnahmemengen. Das finanzieren wir mit unserer Stromrechnung mit – aktuell mit 5,23 Cent pro Kilowattstunde. Aber Unternehmen, die besonders viel Strom fressen, die bekommen Rabatte. Die Europäische Union argwöhnt, das sei eine Art Staatshilfe. Es droht möglicherweise sogar ein Strafverfahren. Bundesumweltminister Altmaier (CDU) ist deswegen jetzt zusammen mit der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen Kraft von der SPD nach Brüssel gefahren, um genau darüber mit dem Energiekommissar zu reden. Heute laden die beiden Verhandlungsführer der AG Energie in Berlin zur nächsten Gesprächsrunde ein in Sachen Koalitionsverhandlungen, und die großen Stromfresser bangen um ihre Privilegien, zum Beispiel die Firma Hydro. Das ist ein internationaler Aluminium-Konzern. In Deutschland beschäftigt er 6000 Mitarbeiter. Oliver Bell ist hier der Konzernvorstand. Guten Morgen, Herr Bell.
Oliver Bell: Guten Morgen, Herr Hatting.
Hatting: Die großen Stromverbraucher schreien jetzt auf. Aber haben sie nicht eigentlich von der Energiewende auch profitiert, weil der Börsenpreis für Strom so stark gefallen ist?
Bell: Der Börsenpreis ist seit 2004, wenn man den Zeitraum nimmt, um ungefähr 30 Prozent gestiegen. Das heißt, eigentlich hat sich die Situation für die energieintensive Industrie eher verschlechtert. Die letzten Jahre gab es zwar eine gewisse Entlastung, aber entscheidend ist der langfristige Trend, und da muss man feststellen, dass in Deutschland weiterhin die Stromkosten mit am höchsten im internationalen Wettbewerb sind. Sie liegen zirka 60 Prozent über dem internationalen Wettbewerb, auch wenn man heute feststellt, in Deutschland in den letzten Monaten sind die Strompreise etwas gesunken. Entscheidend für die Industrie ist natürlich, wie die Position im internationalen Wettbewerb ist.
Hatting: Trotzdem haben Sie sich persönlich auch selbst in der Vergangenheit immer wieder für die Energiewende eingesetzt. Wie passt das jetzt dazu, dass Sie auf die Rabatte so gar nicht verzichten wollen?
Bell: Wir als Unternehmen oder auch als Industrie stehen voll hinter der Energiewende. Allerdings muss man die Energiewende auch richtig definieren. Für mich besteht die Energiewende aus drei wesentlichen Faktoren: zum einen der Ausbau der erneuerbaren Energien, zum zweiten aber auch, das muss erfolgen mit bezahlbarem Strom, sowohl für den Bürger, aber auch für die Industrie, und drittens müssen wir auch unsere industrielle Basis in Deutschland erhalten, denn sie sichert ja unseren Wohlstand. Wenn ich das betrachte, dann sage ich, im Moment sind wir sehr gut unterwegs beim ersten Punkt, Ausbau der erneuerbaren Energien. Ich glaube, kein anderes Land in der Welt hat es geschafft, in so kurzer Zeit so hohe Kapazitäten an erneuerbaren Energien zu schaffen. Bei den anderen beiden Punkten mache ich mir gewisse Sorgen, und da muss man darüber nachdenken, ob wir in dieser Geschwindigkeit den Ausbau weitermachen. Das ändert aber nichts daran, dass ich hinter der Energiewende stehe, allerdings mit allen drei Fassetten.
Hatting: Ein Cent Preiserhöhung beim Strom würde, haben Sie mal vorgerechnet, den Jahresgewinn 2012 zumindest des deutschen Unternehmensteils aufzehren. Stimmt das?
Bell: Das ist richtig.
Hatting: Da frage ich mich allerdings, Herr Bell: Wie haben Sie denn vor der Rabattierung dann gewirtschaftet?
Bell: Die Rabattierung wurde ja eingeführt von Rot-Grün. Trittin als Vater des EEG hat damals schon entschieden, dass die stromintensive Industrie entlastet werden muss. Damals war allerdings die Umlage aus dem EEG nur ein Zehntel dessen, was sie heute ist, und schon damals sagte Trittin, wir müssen die stromintensive Industrie entlasten, weil sie sonst im internationalen Wettbewerb nicht bestehen kann und es sonst zu einer De-Industrialisierung in Deutschland kommt, weil ja nur Deutschland diese Zusatzkosten hat und alle Länder außerhalb von Deutschland haben das nicht. Insofern ist die Situation heute noch dramatischer und deshalb noch mehr notwendig, dass diese Entlastung weiter gewährt wird, wenn man denn eine solche Industrie in Deutschland haben will, und ich glaube, wir haben erkannt, wie wichtig Industrie und Industriearbeitsplätze sind, wenn man die Entwicklung sieht, wie Deutschland im internationalen Wettbewerb wirtschaftlich dasteht. Alle anderen Länder beneiden uns im Moment um diesen industriellen Kern. England möchte gerne wieder eine Industrie aufbauen; wir sind gerade dabei, die Grundlagen dieser Industrie zumindest zu erschweren.
Hatting: Oliver Bell, Konzernvorstand des Aluminium-Erzeugers Hydro. Mit ihm habe ich darüber gesprochen, was eine Streichung der Rabatte für sein Unternehmen bedeuten würde. Ich bedanke mich, Herr Bell.
Bell: Danke schön, Herr Hatting. Auf Wiederhören.
Hatting: Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Oliver Bell: Guten Morgen, Herr Hatting.
Hatting: Die großen Stromverbraucher schreien jetzt auf. Aber haben sie nicht eigentlich von der Energiewende auch profitiert, weil der Börsenpreis für Strom so stark gefallen ist?
Bell: Der Börsenpreis ist seit 2004, wenn man den Zeitraum nimmt, um ungefähr 30 Prozent gestiegen. Das heißt, eigentlich hat sich die Situation für die energieintensive Industrie eher verschlechtert. Die letzten Jahre gab es zwar eine gewisse Entlastung, aber entscheidend ist der langfristige Trend, und da muss man feststellen, dass in Deutschland weiterhin die Stromkosten mit am höchsten im internationalen Wettbewerb sind. Sie liegen zirka 60 Prozent über dem internationalen Wettbewerb, auch wenn man heute feststellt, in Deutschland in den letzten Monaten sind die Strompreise etwas gesunken. Entscheidend für die Industrie ist natürlich, wie die Position im internationalen Wettbewerb ist.
Hatting: Trotzdem haben Sie sich persönlich auch selbst in der Vergangenheit immer wieder für die Energiewende eingesetzt. Wie passt das jetzt dazu, dass Sie auf die Rabatte so gar nicht verzichten wollen?
Bell: Wir als Unternehmen oder auch als Industrie stehen voll hinter der Energiewende. Allerdings muss man die Energiewende auch richtig definieren. Für mich besteht die Energiewende aus drei wesentlichen Faktoren: zum einen der Ausbau der erneuerbaren Energien, zum zweiten aber auch, das muss erfolgen mit bezahlbarem Strom, sowohl für den Bürger, aber auch für die Industrie, und drittens müssen wir auch unsere industrielle Basis in Deutschland erhalten, denn sie sichert ja unseren Wohlstand. Wenn ich das betrachte, dann sage ich, im Moment sind wir sehr gut unterwegs beim ersten Punkt, Ausbau der erneuerbaren Energien. Ich glaube, kein anderes Land in der Welt hat es geschafft, in so kurzer Zeit so hohe Kapazitäten an erneuerbaren Energien zu schaffen. Bei den anderen beiden Punkten mache ich mir gewisse Sorgen, und da muss man darüber nachdenken, ob wir in dieser Geschwindigkeit den Ausbau weitermachen. Das ändert aber nichts daran, dass ich hinter der Energiewende stehe, allerdings mit allen drei Fassetten.
Hatting: Ein Cent Preiserhöhung beim Strom würde, haben Sie mal vorgerechnet, den Jahresgewinn 2012 zumindest des deutschen Unternehmensteils aufzehren. Stimmt das?
Bell: Das ist richtig.
Hatting: Da frage ich mich allerdings, Herr Bell: Wie haben Sie denn vor der Rabattierung dann gewirtschaftet?
Bell: Die Rabattierung wurde ja eingeführt von Rot-Grün. Trittin als Vater des EEG hat damals schon entschieden, dass die stromintensive Industrie entlastet werden muss. Damals war allerdings die Umlage aus dem EEG nur ein Zehntel dessen, was sie heute ist, und schon damals sagte Trittin, wir müssen die stromintensive Industrie entlasten, weil sie sonst im internationalen Wettbewerb nicht bestehen kann und es sonst zu einer De-Industrialisierung in Deutschland kommt, weil ja nur Deutschland diese Zusatzkosten hat und alle Länder außerhalb von Deutschland haben das nicht. Insofern ist die Situation heute noch dramatischer und deshalb noch mehr notwendig, dass diese Entlastung weiter gewährt wird, wenn man denn eine solche Industrie in Deutschland haben will, und ich glaube, wir haben erkannt, wie wichtig Industrie und Industriearbeitsplätze sind, wenn man die Entwicklung sieht, wie Deutschland im internationalen Wettbewerb wirtschaftlich dasteht. Alle anderen Länder beneiden uns im Moment um diesen industriellen Kern. England möchte gerne wieder eine Industrie aufbauen; wir sind gerade dabei, die Grundlagen dieser Industrie zumindest zu erschweren.
Hatting: Oliver Bell, Konzernvorstand des Aluminium-Erzeugers Hydro. Mit ihm habe ich darüber gesprochen, was eine Streichung der Rabatte für sein Unternehmen bedeuten würde. Ich bedanke mich, Herr Bell.
Bell: Danke schön, Herr Hatting. Auf Wiederhören.
Hatting: Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.