Olympia in der Pandemie

Corona, Sport und Pulverschnee

11:03 Minuten
Drei Polizisten der Volksrepublik China marschieren durch einen Veranstaltungsort der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking. Sie tragen grüne Uniformen und weiße Masken.
Nichts dem Zufall überlassen: In Peking laufen die Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele im Februar 2022. © Imago / Kyodo News
Lutz Thieme im Gespräch mit Axel Rahmlow · 04.01.2022
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China und das Olympische Komitee halten an den Winterspielen in Peking trotz der Coronapandemie und des politischen Boykotts einzelner Staaten fest. Eine Absage wäre ein „herber Schlag“ für das IOC, sagt Sportwissenschaftler Lutz Thieme.
In einem Monat werden, wenn es nach Plan verläuft, die Olympischen Winterspiele in Peking beginnen. Doch in diesem Jahre finden sie unter Coronabedingungen statt. China hat deswegen strenge Regeln unter anderem für Sportler, Funktionäre und Pressevertreter erlassen. Gleichzeitig haben mehrere Staaten angekündigt, wegen der Missachtung der Menschenrechte die Winterspiele politisch zu boykottieren, also keine politischen Vertreter nach China zu schicken.

Prestige- und Marketingwert

Eine Absage der kommenden Olympischen Spiele wäre wirtschaftlich und inhaltlich ein „herber Schlag“ für das Internationale Olympische Komitee (IOC), wie Lutz Thieme erläutert. Denn das IOC sei der Sachwalter der olympischen Idee, die ihren Ausdruck in den alle vier Jahren abgehaltenen Spielen finde. Durch diese zeitliche Einschränkung hätten die Sportevents einen „hohen Prestige- und Marketingwert“, so der Professor für Sportwissenschaft an der Hochschule Koblenz.

Eine ganze Menge an Regelungen, die das IOC im Gastgeberland durchsetzt, sind mitunter nicht mit demokratischen Verfassungen vereinbar.

Lutz Thieme, Sportwissenschaftler

Außerdem könne sich das IOC gegen einen politischen Boykott nur schwer wehren. Das sei ein Hinweis darauf, dass der Weltverband und die von ihm ausgerichteten Spiele nicht „unverwundbar sind“. Andererseits helfe der Boykott „nur bedingt, das IOC demokratischer, offener und zeitgemäßer nach westlichen Begriffen aufzustellen“, unterstreicht Thieme. Das liege auch daran, dass vor einem Boykott wie während des Kalten Krieges zurückgescheut werde.

IOC setzt eigene Regeln durch

Der Sportwissenschaftler weist zudem darauf hin, dass sich sportliche Großereignisse wie die Olympischen Spiele oder die Fußballweltmeisterschaft in Ländern wie China oder Katar eher abhalten ließen als in demokratischen Staaten. Denn in Letzteren stehe die Zivilgesellschaft dem IOC „durchaus mit Vorbehalten“ gegenüber, so Thieme.

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Und dies auch mit Recht, wie er unterstreicht: „Denn eine ganze Menge an Regelungen, die das IOC im Gastgeberland durchsetzt, sind mitunter nicht mit demokratischen Verfassungen vereinbar.“ So habe auch die Bevölkerung in München und Umgebung sowie in Hamburg mehrheitlich gegen eine Olympiabewerbung gestimmt. Ähnliche Voten habe es auch in anderen Ländern gegeben.

Gesundheit der Sportler

Zwar herrschten wie bei den vergangenen Sommerspielen in Tokio nun auch in Peking besondere Bedingungen durch die Pandemie. Doch seien weniger die Atmosphäre und Lage vor Ort entscheidend als die Fernsehbilder. Denn das IOC nehme das meiste Geld mit der Vermarktung der Medienrechte ein, wie Thieme erläutert. „Tokio 2021 hat gezeigt, dass das funktionieren kann, ohne dass Zuschauer vor Ort sind.“
Er gehe aber davon aus, dass sowohl das IOC als auch die Athleten entsendenden Staaten alles versuchen werden, „um für die Sportlerinnen und Sportler die Coronapandemie soweit wie möglich auszublenden“, so Thieme. Das betreffe vorrangig den Schutz der Gesundheit der Teilnehmenden.
(rzr)

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