Winterspiele in Peking
Bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking erlebte das Publikum eine perfekte Inszenierung, bei der gestalterisch alles durchdacht schien. © picture alliance / SvenSimon-KojiAoki-Aflo / Koji Aoki
"Olympia-Dämmerung in Sicht"
07:08 Minuten
![Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking. Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking.](https://bilder.deutschlandfunk.de/35/c1/c0/32/35c1c032-d0b1-4193-aa43-088fd455c041/olympische-spiele-peking-100-1920x1080.jpg)
Der Kulturwissenschaftler Daniel Hornuff zeigt sich zwar von der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking beeindruckt. Aber die politische Inszenierung spiegele auch die Krisensymptome der sportlichen Großveranstaltung wider.
Aus ästhetischer Perspektive hat dem Kulturwissenschaftler Daniel Hornuff die Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking gut gefallen. Es sei sehr auffallend gewesen, wie perfekt Körper- und Bildchoreographien mit der Darstellung auf den großen Fernsehschirmen im Nationalstadion harmonierten. "Wenn man es historisch sieht, sieht man natürlich auch, dass solche Großinszenierungen mit dem Verlauf der Zeit immer mehr an Eleganz und Professionalität gewonnen haben", so Hornuff.
Die Macht der Bilder
Bilder hätten ihre eigene Macht, weil sie im Augenblick der Betrachtung beeindrucken könnten, so der Kulturwissenschaftler aus Kassel. Sie hätten auch ein mögliches "Überwältigungspotenzial". Aber Bilder wirkten nie nur aus sich selbst heraus. "Wir stehen nie nur unter dem Eindruck der Bilder, sondern wir sind immer schon auch geframt von anderen Dingen, beispielsweise politischen und kulturellen Diskussionen." Deshalb habe auch er vor dem Bildschirm die Inszenierung nicht ganz unschuldig betrachten können, sondern immer mit einem zweiten, distanzierten Blick. Dabei hätten im Subtext Stellungnahmen von NGOs oder Opfern des Regimes mit eine Rolle gespielt.
Politische Inszenierung
"Es liegt immer ein Zynismus in solchen Inszenierungen", sagt Hornuff. Sie seien deshalb immer politisch. Das olympische Komitee unter Leitung des deutschen Sportfunktionärs Thomas Bach versuche zwar zu betonen, dass es eine apolitische Grundauffassung des eigenen Vorgehens gebe, aber die Olympischen Spiele stünden nicht außerhalb der politischen Debatten.
"Im Gegenteil,", sagt Hornuff. "Die Annahme, eine apolitische Position einzunehmen, ist natürlich selbst eine politische Inszenierung." Insofern sei auch die Inszenierung der Eröffnung Ausdruck eines bestimmten politischen Machtgebahrens.
Krise der olympischen Idee
In den Ehrerbietungen Bachs gegenüber der chinesischen Führung spiele sich die wirtschaftliche Abhängigkeit des Olympischen Komitees vom jeweiligen Gastgeberland wider. Auf diese Weise werde versucht, die sich andeutende Krisenphase des olympischen Projekts abzuwenden, auch um den finanziellen Gewinn zu sichern. Hornuff sagt, es habe bereits eine "Olympia-Dämmerung" eingesetzt.
Die Großveranstaltung wirke wie aus der Zeit gefallen und habe nicht mit der Lebenswirklichkeit der Menschen zu tun. Demokratische Staaten lehnten Bewerbungen für die Olympischen Spiele fast alle bereits ab, anders als autokratische Staaten. Hornuff rechnet deshalb spätestens nach diesen Winterspielen in Peking mit einer Diskussion über zukünftige Formate und Austragungsorte.
(gem)
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