Ist die Chinatown-Installation rassistisch?
Omer Fast hat in einer Galerie im New Yorker Viertel Chinatown ein Geschäft nachgebaut - mit überfüllten Papierkörben und billigen Handyhüllen. Demonstranten sehen rassistische Stereotypen und besetzen die Installation. Der Protest ist durchaus im Sinne des Künstlers, vermutet Kunstkritiker Carsten Probst.
Im New Yorker Viertel Chinatown halten Demonstranten seit Tagen eine Ausstellung besetzt. Der Berliner Künstler Omer Fast hat in der Galerie, in der die Ausstellung stattfindet, ein Ladengeschäft nachgebaut, wie es vor der Gentrifizierung hätte aussehen können: Unter anderem gibt es da einen Bargeldautomaten mit "Out of Order"-Schildern, überfüllte Papierkörbe und eine Vitrine mit billigen Handyhüllen. Doch die asiatischstämmigen Nachbarn erkennen darin eine Ansammlung rassistischer Stereotypen und protestieren gegen die Installation.
Omer Fast setze sich eigentlich sehr kritisch mit dem Status quo auseinander, erklärt Kunstkritiker Carsten Probst im Deutschlandfunk Kultur. Er versuche, ein Geschäft dort nachzubilden, wo jetzt die Galerie ist. "Man kann sagen, es ist ein typisches Merkmal für die Gentrifizierung, dass Galerien die angestammten Läden ersetzen."
"Tatsächlich stereotype Anwandlungen"
Mit den Bargeldautomaten mit "Out of Order"-Schild, überfüllten Papierkörbe, billigen Handyhüllen als Angebot in Vitrinen habe diese Nachbildung tatsächlich "ein bisschen stereotype Anwandlungen", so Probst.
Es sei nachzuvollziehen, dass sich die Demonstranten, die jetzt gegen diese Installation protestieren, mitunter ein bisschen karikiert fühlen. Doch Omer Fast hatte wohl noch etwas anders im Sinn.
Einen Hinweis darauf könne der Titel der Installation "August" liefern. Der bezieht sich auf den Fotografen August Sander, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch seine Porträtserie "Menschen des 20. Jahrhunderts" bekannt geworden ist. Er wollte durch die Aufnahmen der Gesichter mehr über die Geschichte dieser Menschen erzählen, als es Soziologen oder Gesellschaftstheoretiker könnten, sagt Probst.
War der Protest mit einberechnet?
Omer Fast versuche ebenfalls ein Porträt eines Ortes. Indem er diesen Ort sozusagen nachbaut, setze er sich kritisch damit auseinander. "Ich würde fast vermuten, er hat sogar, ich würde nicht sagen provozieren wollen, aber zumindest mit einbezogen, dass sich dagegen Protest richtet." Er treffe den wunden Punkt der Gentrifizierungsdebatte.
Der Protest richte sich wohl weniger gegen Omer Fast selbst, meint Probst. "Weil der Protest ihm als Person gar nicht so gerecht wird." Er richte sich mehr dagegen, dass Kunst noch immer ein Medium der Privilegierten ist. "Von Leuten, die selbstverständlich Zugang zu Bildung, auch zu Ressourcen haben, um sich Kunst zu kaufen oder anzusehen."
(abr)