One-Love-Binde in Katar

(K)ein Zeichen für Toleranz

09:42 Minuten
Torwart Manuel beim Testspiel im Oman mit One-Love-Binde.
Trifft auf Ablehnung: Die One-Love-Binde, mit der Torwart Manuel noch beim Testspiel im Oman Mitte November aufgelaufen ist. © IMAGO / Ulmer / Teamfoto / IMAGO / ULMER / Markus Ulmer
Ronny Blaschke im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Der Weltverband FIFA hat das Tragen der symbolträchtigen One-Love-Binde bei der WM in Katar verboten. Der DFB kritisierte die Entscheidung. Das dürfe aber nicht die wahren Probleme in Katar verdecken, meint Sportjournalist Ronny Blaschke.
„Es fühlt sich schon stark nach Zensur an", sagte Oliver Bierhoff zur Anweisung der FIFA, die eigens gestaltete One-Love-Binde nicht zu tragen. Der Weltfußballverband hatte das verboten. "Man kann uns die Binde nehmen, aber nicht die Werte", so der DFB-Geschäftsführer.
"Die Aufregung überdeckt die wahren Probleme in Katar", meint dazu Journalist Ronny Blaschke. Er sei sich gar nicht sicher, ob das Verbot eine Idee der FIFA war. "Ich hab eher den Eindruck, dass Katar da Druck gemacht hat." Die Herrscher wollten ihr Gesicht nicht verlieren, meint er. Schließlich gelte Homosexualität dort als Schwäche.
Auch das Verbot von Alkohol lässt sich demnach als Zeichen lesen, "dass wir das nicht mit uns machen lassen."

Wirtschaftlich verbunden mit Katar

Gleichwohl hätten viele der Länder, die bei der WM spielten, auch wirtschaftliche Interessen. Japan, Südkorea, Indien und China etwa, die größten Gasabnehmer aus Katar, würden die Menschenrechtsverletzungen kaum kritisch hinterfragen.
Zudem sollte man die Proteste im Kontext betrachten: DFB-Partner Volkswagen etwa gehört zu 17 Prozent Katar, zudem wird Deutschland in Zukunft auf Gas aus Katar angewiesen. Es macht also Sinn, den künftigen Energiepartner Katar nicht zu verprellen. Sonst kann es sein, "dass die mächtig gewordene Regionalmacht am persischen Golf noch ganz andere Saiten aufzieht."
Auch Deutschland müsse sich hinterfragen, findet Blaschke. Die Binde ist ja schon nicht das "klassische Armband" in Regenbogenfarben, sondern nach langen Verhandlungen entstanden.

Auch in Deutschland herrscht Nachholbedarf

Die Begriffe „Werte, Diversität, Haltung und Moral“ könnten aber kaum überdecken, dass es nur wenig konkrete Maßnahmen gibt, findet Blaschke. Schließlich gibt es in Ostdeutschland keinen einzigen schwul-lesbischen Fanclub. Und bislang hat sich kein aktiver Spieler geoutet.
Für die iranischen Spieler hat der Protest dagegen eine "ganz andere Dimension" als bei uns, sagt Fußballexperte Blaschke. Die Spieler hatten vor dem Spiel gegen England die Nationalhymne nicht mitgesungen. Die Szene rührte viele Zuschauerinnen und Zuschauer, einige weinten.
"Fußball im Iran war immer auch ein Symbol für die Reformkräfte", sagt Blaschke. Das Signal sei nicht gering zu schätzen, findet er. Gleichwohl könnten die Spieler gar nicht gewinnen: Der Iran teilt sich mit Katar ein gemeinsames Erdgasfeld, die Spieler stehen unter besonderer Beobachtung.
Auch innerhalb der Mannschaft gebe es Anhänger des Regimes. Eine "aufgeladene Situation, jedes Signal kann widersprüchlich interpretiert werden".
(ros)
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