Digitale Kunstschau im Netz
Die Macher der digitalen Biennale "The Wrong (again)" haben mehr als 50 Kunst-Websites zusammengeschlossen und präsentieren mehr als 1000 Künstler und deren digitale Arbeiten. Unser Rezensent findet das gar nicht schlecht.
Der Titel immerhin: "The Wrong" - 'again' sogar - Das Falsche? Die? Falsche?
Was es gibt: ähnlich klassischer Biennalen sind hier vor Pavillons rund 50 thematische Websites - zu Themen und Formaten digitaler Kunst; SNDs, Kunstvideomusik zum Beispiel durch den Pavillon Crystallized Skins - kristallisierte Haut und Oberflächen mit etwas crystalliner Hintergrundmusik. Hinter der wellig-wabernden schwarze Haut aus Dreieck-Vektorgrafiken drehen sich antike Skulpturen, griechische Torsi am Bildschirm, im 3D-Programm aus Plastik, wie es aussieht, grob zusammengeknittert.
Fehler: Einer der - fast zu vielen und meist zu langen - Erklärtexte bei "The Wrong" erklärt Crystallized Skins zur Fortsetzung der Museumssammlungen des 18. und 19. Jahrhunderts mit ihrem Hang zu Gipsabdrücken und Repliken der klassischer Skulpturen zu Sammlungs- und zu Studienzwecken. Hier am Bildschirm sind jetzt beliebig viele, beliebig drehbare 3D-Nachbauten zu studieren. Auf Wunsch downloadbar, in 3D ausdruckbar.
Geduldigeres, genaues Beobachten braucht hingegen Merri Randells 10 Minuten Video, in dem man - einem ganz echten Baum - in Echtzeit - beim Wurzelwachstum zusehen kann. Reine Videokunst? Irgendwann sieht man dann auch winzige digitale Animationen und Animistisches am Wurzelwerk.
Viel digitaler Technokitsch, aber tolle Vielfalt
Außerdem: Eher weltliche Kräfte bei vielen Netzmusik- und Klangkunstprojekten. Das Prinzip hierbei: Kunst mit, aus, über digitalen Daten: Bild- und Klangwelten, die sich live und dynamisch, etwa durch die Datenströme und Kommentare bei Amazon und Co. verändern.
"The Wrong" - eine weltweite Leistungsshow - mit einigem, bei weitem nicht mit allem, was digitale Kunst zu bieten hat; innovatives, kritisches, manchmal auf etwas zu improvisierten Niveau; studentisch, poststudentisch. Viel digitaler Technokitsch, viel Ironisches; selbst bei Fehlermeldungen - ,file not found' - zum Beispiel, weiß man manchmal nicht: Fehler oder bedeutungsvoll Absicht?
Fazit: Unter den Arbeiten von über 1.000 Kunstschaffenden gibt es - etwas Zeit und Neugier vorausgesetzt - jede Menge digitale Kunst zu erleben, von denen das meiste, ohne das Portal der Online Biennale, nach Januar 2016, wieder in den Tiefen des Internet verschwinden wird. Im Vergleich zu den übermächtigen, allgegenwärtigen und standardisierten Benutzeroberflächen der Nutzer-Milliardäre wie facebook, twitter, instagram oder ebay, und amazon - die sonst das Bildschirmgeschehen dominieren - sind selbst die skizzenhaften, kitschigen, improvisierten - Erlebniswelten, allein schon deren Vielfalt, pixelige Augenweide.
Mehr Informationen auf den Seiten von The Wrong (again).