Qantara.de als Brücke zur islamischen Welt

Publizistisches "Gegengewicht zur Propaganda" vor dem Aus

07:37 Minuten
Die Große Moschee von Algier.
Um die Pressefreiheit in Algerien ist es schlecht bestellt. Dort muss nun auch die Zeitung „El Watan“ aufgeben. Umso wichtiger sind Plattformen wie Qantara.de, meint Isabelle Werenfels von der Stiftung Wissenschaft und Politik. © picture alliance / abaca / Blondet Eliot
Isabelle Werenfels im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 02.09.2022
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Die mehrsprachige Online-Plattform Qantara.de steht vor dem Aus. Sie wurde gegründet, um den intellektuellen Dialog mit der islamischen Welt zu fördern. Sollte es dazu kommen, wäre das ein fatales Zeichen, meint Nahost-Expertin Isabelle Werenfels.
Das arabische Wort Qantara bedeutet Brücke. Eine solche Brücke will die Online-Plattform Qantara.de in die islamische Welt bauen. Nun könnte es für das vom Auswärtigen Amt finanzierte Medium, das es seit 2003 gibt, ums Ganze gehen. Der Redaktion wurde mitgeteilt, die Finanzierung in Höhe von jährlich 380.000 Euro werde Ende des Jahres komplett eingestellt. Auf eine Pressenachfrage erklärte das Auswärtige Amt hingegen, das sei noch keine beschlossene Sache.
Ein Aus des Dialogprojekts würde jedenfalls ein falsches Zeichen setzen, erklärt Isabelle Werenfels von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Man könnte dadurch den Eindruck gewinnen, Deutschland sei diese Region nicht mehr so wichtig. „Das ist aber de facto nicht der Fall. Wir haben gerade gesehen, dass Frau Baerbock in Marokko war. Aber ich fürchte, dass das so interpretiert werden könnte", sagt die Nahost-Expertin.

Dialog in beide Richtungen 

Autoritäre Regierungen in der Region würde das Ende von Qantara.de allerdings weniger stören, weil das Portal „Ideen in die Region hinein und aus der Region heraus trägt, die sonst nicht mehr so oft anzutreffen sind“, sagt Werenfels.
Auf dieser Plattform können Journalisten, Akademiker und Personen aus der Zivilgesellschaft zu Themen publizieren, über die sie oftmals in ihrer Heimat sonst nicht schreiben können. Aber nicht nur das. Auch deutsche oder europäische Sichtweisen zu bestimmten Themen finden über Qantara.de ihren Weg in die arabophone Welt.

Gegengewicht zu Propaganda

„Das heißt, Quantara setzt ein Gegengewicht zu Propaganda, zu ideologischen Artikeln, Verschwörungstheorien – zu all dem, was in der Region verbreitet ist. Und dazu muss man sagen, dass gerade Desinformation und Propaganda in den vergangenen drei, vier Jahren einfach exponentiell zugenommen haben. Es hat bestürzende Niveaus erreicht – und es ist manchmal schwierig, überhaupt noch herauszufinden, was Fakt ist bei einem Artikel.“
Ende 2014 stand das Projekt schon einmal vor dem Aus, wurde aber nach einer Evaluation weiterbetrieben. „Da kann man davon ausgehen", erklärt Werenfels, "dass dem Ganzen dann doch positive Seiten abgewonnen werden konnten“. Sie weist darauf hin, dass die Plattform vor allem Multiplikatoren in der Region erreiche und Klickzahlen hier ein falscher Indikator für die Wichtigkeit der Plattform seien.

Public Diplomacy 

Aber vor allem sei Qantara.de ein wichtiges Instrument der Public Diplomacy, sagt Werenfels – „und gerade jetzt, wo der Fokus so stark auf der Ukraine, der östlichen Nachbarschaft liegt, ist es ganz wichtig, in die Region hinein zu signalisieren, dass auch diese Region für Deutschland noch wichtig ist. Und zu übersetzen, was deutsche Politik im Moment macht, und deutsche Debatten für die Region verständlich zu machen – auch die Debatten, in denen es um die Ukraine geht."

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