Online-Shopping: Einkaufslust mit Konsequenzen?
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Nils Busch-Petersen und Alexander Graf. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de – sowie auf Facebook und Twitter.
Informationen im Internet:
Über Alexander Graf: https://www.kassenzone.de/
Über Nils Busch-Petersen: http://www.hbb-ev.de/index.php/kontakt
Einkaufslust mit Konsequenzen
Pro Jahr werden mittlerweile 3,2 Milliarden Pakete im Auftrag von Online-Portalen quer durch Deutschland transportiert. Die Folgen des beliebten Online-Shoppings bekommt auch immer mehr der herkömmliche Einzelhandel zu spüren.
Weihnachten ist vorüber und damit auch die umsatzstärkste Zeit des Jahres für den Handel. 2017 wurden etwa 94,5 Milliarden Euro eingenommen: Das ist knapp ein Fünftel des gesamten Jahresumsatzes. Viele Kunden werden noch herkömmlich in Kaufhäusern, Malls und in kleineren Läden unterwegs gewesen sein. Immer mehr shoppen aber auch online. Pro Jahr werden mittlerweile 3,2 Milliarden Pakete im Auftrag von Amazon, Zalando & Co quer durch Deutschland transportiert. Die Folgen des Booms beim Online-Shopping kann jeder sehen, der mit offenen Augen durch Deutschlands Innenstädte geht: leere Schaufenster allerorten. Bis 2020 könnten 50.000 Geschäfte dicht machen, warnt der Handelsverband Deutschland (HDE).
Ist der Schaufensterbummel bald Geschichte? Welche Konsequenzen hat der Online-Shopping-Boom? Wie können beide Einkaufswelten verbunden werden? Wie werden wir in Zukunft einkaufen?
E-Commerce-Experte: Alles am Kunden ausrichten
"Die Leute kommen schon gern in die Stadt, um zu bummeln, aber nicht mehr, um zu kaufen", sagt Alexander Graf.
Der 37-Jährige gehört zu den führenden E-Commerce-Experten Deutschlands. Mit seinem Startup-Unternehmen "Spryker Systems" berät er Firmen, wie sie sich im Onlinehandel erfolgreich behaupten können. Auf seinem Blog "Kassenzone" analysiert er die Entwicklung im Onlinegeschäft.
"Online ist nichts mehr, was im Keller passiert. Es gibt eine Million verschiedene Kategorien. Jede Art von analogem Handel kann auch online passieren."
Der studierte Betriebswirtschaftler und Informatiker sagt dem traditionellen Handel schwierige Zeiten voraus:
"Läden, die rein auf den Handel setzen, können nur hoffen, dass die Mitarbeiter umschulen können."
Amazon & Co seien schneller, verlässlicher und preiswerter – und sie hätten früher begriffen, worum es geht:
"Das einzige Konzept, das langfristig hilft, ist 'Customer first'. Alles, was nicht am Kunden ausgerichtet ist, wird nicht überleben. Am Ende des Tages dominieren Preis und Verfügbarkeit."
Seine Überzeugung: "Amazon hat mehr für den Endkunden getan, als der komplette Handel in den letzten 50 Jahren."
Handelsverband: "Wie verbinden wir online und offline?"
"Shoppen macht Spaß, ist Interaktion, heißt Leute treffen, Essen gehen. Und das bekommen Sie nicht online", sagt Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg e.V. Der Jurist beobachtet den Einzelhandel seit drei Jahrzehnten. Er sieht den Online-Boom auch als Herausforderung:
"Der Handel hat sich immer angepasst. Die Frage online oder offline ist eine Frage von gestern. Die Frage ist, wie verbinden wir beides? Welche urbanen Kerne können wir gemeinsam gestalten?"
Das Internet sei heute so selbstverständlich wie fließendes Wasser. Händler müssten sich damit auseinandersetzen und es zumindest als Marketinginstrument nutzen.
Das Argument, der Onlinehandel sei der Todesstoß für die Innenstädte, greife zu kurz:
"In vielen Orten hat das Ladensterben schon längst vorher begonnen, durch massive Konzentrationsprozesse. Wir hatten jahrelang den Trend zur grünen Wiese. Wir haben das alles prognostiziert, aber die Politiker wollten es nicht wahrnehmen. Und das ist auf Kosten der Schwächsten in der Kette gelaufen, der kleinen Händler."
Dazu komme der demographische Wandel. Man sei schnell bei einer kritischen Größe, dass sich kein Laden mehr ansiedeln wolle. Hier sei auch die Politik gefragt, mit flexibleren Öffnungszeiten – auch am Sonntag. Nur so könnten die Innenstädte attraktiv für den Einkaufsbummel bleiben.