Onlineplattform OnlyFans

Wird Pornografie im Internet endlich fair?

12:26 Minuten
Illustration einer rothaarigen Frau in einem roten Kleid in einer lasziven Pose
Bessere Bedingung schaffen: OnlyFans will einer breiten Masse ethische Pornos zugänglich machen. © imago images / Ikon Images
Von Dennis Kogel |
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Das Web ist voll mit sexuell explizitem Material. Doch Darstellerinnen und Darsteller sind unterbezahlt und in der Szene gibt es viel Ausbeutung. Eine neue Plattform setzt jetzt auf Selbstbestimmtheit für Models – nicht nur bei Pornografie.
Bis vor kurzem dürfte der Name OnlyFans nur echten Netzkultur-Expertinnen ein Begriff gewesen sein. Doch dann hat Popikone Beyoncé der Online-Plattform eine Textzeile in einem Song gewidmet. Seitdem hat OnlyFans einen festen Platz, nicht nur im Onlinediskurs, sondern auch im Feuilleton – als die Plattform, die Internetstars nackt zeigt. Doch von vorn.
OnlyFans ist ein Soziales Netzwerk, das aus London betrieben wird. Es erinnert an eine Art Facebook oder Twitter: Man legt ein Profil an und kann anderen Nutzerinnen und Nutzern folgen, deren Inhalte dann in einer Timeline landen. Aber: Fast alles auf OnlyFans kostet Geld. Die Models bestimmen selbst die monatliche Abogebühr, die fällig wird, um ihre Inhalte zu sehen. Der Preis liegt dabei im Schnitt irgendwo zwischen zehn und 30 US-Dollar.

30.000 US-Dollar im Monat

Zusätzliche Kosten können anfallen, um von den Models Privatnachrichten oder auch weitere Inhalte, die nicht im Abo sind, zu erhalten – beispielsweise personalisierte Grüße oder Fotos mit Sonderwünschen. In Deutschland soll es laut "SPIEGEL" etwa 4.000 Menschen geben, die Bezahlinhalte auf OnlyFans anbieten.
Insgesamt soll mehr als 30 Millionen Nutzerinnen und Nutzer registriert sein. Auch wenn die Plattform für alle möglichen Inhalte offen sind, ist Erotik ein wichtiger Faktor. Gegenüber dem US-Magazin "BuzzFeed" sagte OnlyFans-Chef Thomas Stokely, dass etwa die Hälfte allen Materials auf der Seite sexuell explizit ist.
Die wahrscheinlich erfolgreichste deutsche Anbieterin solcher Bilder nennt sich Bonny Tagesbrise. In einem Interview beim "SPIEGEL"-Podcast "Netzteil" sagte sie, dass sie bis zu 30.000 US-Dollar im Monat einnimmt.

Weg vom Extrem, hin zur persönlichen Beziehung

Die Porno-Forscherin Lisa Andergassen hat eine Theorie, weshalb bezahlte Erotikinhalte auf OnlyFans in einer Welt voller Gratis-Videos so erfolgreich sind:
"Diese Überbietungsstrategie von Porno im Internet, also nicht mehr double penetration, sondern triple penetration, kippt langsam ein bisschen. Diese krassen Sachen haben wir alle schon gesehen. Was OnlyFans anbietet, ist eigentlich genau das Gegenteil. Das wird von vielen Models, ‘Online Boyfriend-’ oder ‘Online Girlfriend-Experience’ beschrieben."
OnlyFans verspricht der zusehenden Person einen ganz direkten Draht zu den Menschen auf der Plattform. Gegen Geld kann man den Models Nachrichten schicken. Tatsächlich versuchten die erfolgreicheren Accounts, einen mit Privatnachrichten zu locken. Sie fragen, wie es einem geht oder ob man exklusive Bilder will; es wird versucht, eine Beziehung aufzubauen. In diesem Aspekt erinnert OnlyFans an traditionelle Sexarbeit, sagt Andergassen.

Die Influencerin von nebenan

Doch auf der Plattform sind nicht nur Pornodarstellerinnen oder klassische Sexarbeiterinnen zu finden. Auch Influencerinnen und Influencer haben OnlyFans für sich entdeckt. Für die Porno-Forscherin Sylvia Sadzinski ist das ein Ausdruck von Normen, die sich mittlerweile verschoben haben:
"Was man merkt, ist, dass Körperlichkeit viel weiterverbreitet ist. Den Körper zu zeigen, sich leicht bekleidet in der Öffentlichkeit zu zeigen, und zwar nicht nur auf der Straße. Das passiert auch bei Instagram, bei Facebook: Leute im Bikini auf Urlaubsfotos, da fragt keiner mehr. Da überlegt keiner mehr, ob der Chef oder die Mutter sich das anschaut."
Lisa Andergassen betont jedoch, dass es einen Unterschied zwischen den Nacktbildern der Influencerinnen und der auf OnlyFans durchaus vorhandenen Hardcore-Pornografie gibt, wo man auch Dinge wie Penetration durch Sexspielzeug oder Menschen sieht. Trotzdem ist es interessant, dass Nutzerinnen und Nutzer, die über YouTube und Instagram bekannt wurden, sich auf dem neuen Social Network sicher genug fühlen, um sich ganz nackt zu zeigen.

Die Models fühlen sich sicher

Dieses Sicherheitsgefühl geht bei OnlyFans noch weiter durch die Bezahlschranke und damit verbundene beschränkte Sichtbarkeit der Inhalte. Das ist gerade bei sexuell expliziten Inhalten im Netz keine Selbstverständlichkeit.
Die Honorare für Darstellerinnen und Darsteller sind durch das Überangebot von Clips gesunken. Dazu kommt, dass viel Material, das auf großen Pornoplattformen angeboten wird, gegen das Urheberrecht verstößt. Im schlimmsten Fall landen Videos online, die gar nicht veröffentlicht werden sollten – sogenannte Rache-Pornos.
OnlyFans präsentiert sich in diesem Umfeld als sichere und faire Alternative für Models. Doch alle Probleme löst auch diese Plattform nicht.
Gerade für bekanntere Influencerinnen auf OnlyFans findet man immer wieder Foren, in denen die eigentlich exklusiven Bilder illegal hochgeladen werden. Denn OnlyFans bietet kaum Schutz davor, dass die Bilder an die Öffentlichkeit kommen, denn ein einfacher Screenshot reicht. Dem Wachstum der Plattform scheint das indes keinen Abbruch zu tun.
(hte)
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