Vier Autoren, ein Wunsch: Vom Schreiben leben können
Der literarische Nachwuchs zeigt seine Künste alljährlich beim Open-Mike-Wettbewerb. Die vier Sieger heißen dieses Jahr Doris Anselm, Mareike Schneider, Robert Stripling und Gerasimos Bekas. Sie waren alle bei uns im Studio.
Doris Anselm verdient ihren Unterhalt als Radioreporterin in Berlin und ist beim Open Mike-Wettbewerb als beste Prosa-Autorin ausgezeichnet worden. Die gebürtige Niedersächsin setzte sich mit ihrem Text "Die Krieger des Königs Ying Zheng" durch, der in einem Einkaufszentrum spielt. Bei dem zweitägigen Finale im Berliner Heimathafen Neukölln hatten insgesamt 22 nominierte Kandidaten jeweils 15 Minuten Zeit, die Jury von ihren Texten zu überzeugen.
Allen vier Gewinnern ist gemein, dass sie gern von ihrer Kunst leben würden – es aber noch nicht können. Literatur sei ihr so wichtig, dass sie auch Aufträge absage und Leute verprelle, um schreiben zu können, sagte Anselm im Deutschlandradio Kultur. Die diplomierte Schriftstellerin und Kulturwissenschaftlerin Mareike Schneider aus Hildesheim, die mit einem Text überzeugte, im dem der Opa beim Umschichten eines Holzstapels einem Herzinfarkt erliegt, hat es offenbar noch schwerer: Sie sei die typische "arme Autorin", bekennt sie. Sie bekam den zweiten Preis in der Sparte Prosa.
Schonungsloser literarischer Blick auf das Alter: "Manche Leben haben Überlänge"
Der Open Mike gilt als eine der wichtigsten Plattformen für literarische Neuentdeckungen. Er wird von der Literaturwerkstatt Berlin und der Crespo Foundation ausgelobt und ist mit insgesamt 7500 Euro dotiert. Autoren wie Karen Duve, Jochen Schmidt, Terézia Mora oder Judith Zander starteten hier ihre Karriere.
Mit der Auszeichnung für Lyrik wurde in diesem Jahr der Philosophie-Student Robert Stripling aus Frankfurt am Main geehrt. Den Preis der "taz"-Publikumsjury holte der in Berlin und Athen lebende Theatermacher Gerasimos Bekas für seinen Text "Feierabend", der einen schonungslosen Blick auf das Alter wirft: "Manche Leben haben Überlänge. Besser werden sie dadurch nicht. Nur teurer."