Crossmediale Sensationen
Eine Medienoper über Sensationen - das gesungene Innenleben einer Zeitungsredaktion, der Dresdner Komponist Peter Ronnefeld hat sich vor sechzig Jahren daran gewagt. An der Semperoper wurde das Stück jetzt erstmals in Deutschland gespielt.
"Sensationen! Sensationen!" - Der Ruf eines Chefredakteurs, wie ihn Peter Ronnefeld in seine Oper "Nachtausgabe" eingefügt hat, könnte noch heute in sämtlichen Redaktionen, ob nun von Tageszeitungen oder von Radio- und TV-Sendern, üblich sein. Das hungrige Publikum muss täglich mit Neuem gefüttert werden, was besonders in der sommerlichen Saure-Gurken-Zeit nicht ganz einfach ist.
So kommt in Ronnefelds Oper eine kleine Gruppe von Bohemiens, die als Zeichner und Autoren für die Zeitung arbeiten, auf die Idee, eine Entführung zu simulieren. Dass ausgerechnet die Tochter der hysterischen Freundin der Vermieterin das »Opfer« ist, macht die Sache allerdings etwas kompliziert ...
Angesiedelt ist diese Kammeroper zwischen spießiger Bürgerlichkeit und jugendlicher Aufbruchsstimmung. Mitte der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts schrieb Peter Ronnefeld dieses schrille und humorvolle, gut einstündige Werk mit zahlreichen überzeugenden kompositorischen Pointen für einen Theaterkurs mit Thomas Bernhard am Salzburger Mozarteum.
Der damals erst 20-jährige Dresdner, ein hochbegabter Pianist, Komponist und Dirigent (und übrigens enger Freund von Nikolaus Harnoncourt) war durch seinen Vater, einen Bratschisten der Sächsischen Staatskapelle, der Semperoper eng verbunden. Seine Geburtsstadt hatte er bereits im Alter von 15 Jahren verlassen, um bei Boris Blacher in Berlin und bei Olivier Messiaen in Paris zu studieren. Erst jetzt, zum 50. Todestag des bereits im Alter von 30 Jahren verstorbenen Ausnahmetalents erfolgte die Deutsche Erstaufführung seiner zweiten Oper "Nachtausgabe", die mit musikalischen Mitteln das aktuelle Gebot der crossmedialen Arbeitsweise vorwegnimmt: Singen, Spielen, Schreiben, Publizieren und Entführen - Ronnefelds Opernhelden können das alles gleichzeitig und gut vernetzt.
(Basierend auf dem Pressetext der Semperoper)
Semperoper Dresden, Semper 2
Aufzeichnung vom 7. Oktober 2014
Peter Ronnefeld
"Nachtausgabe" - Opera piccola in fünf Bildern
Libretto vom Komponisten, bearbeitet von Richard Bletschacher
Emma Becker - Evan Hughes, Bassbariton
Anna Pachulke - Christiane Hossfeld, Sopran
Lothar Witzlaff - Julian Arsenault, Bariton
Renée Pachulke - Jennifer Riedel, Sopran
Mario Caraccini - Christopher Tiesi, Tenor
Ping Schma Fu - Patrick Vogel, Tenor
Dr. Stilblüte - Tom Martinsen, Tenor
Kommissar - Sebastian Wartig, Bariton
Wachtmeister - Karl-Heinz Koch, Bariton
Giuseppe-Sinopoli-Akademie der Staatskapelle Dresden
Leitung: Ekkehard Klemm