"Diodati. Unendlich" - Oper von Michael Wertmüller und Dea Loher am Theater Basel.
Ein psychedelisches Rauscherlebnis
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Schrill und skurril ist die Oper "Diodati. Unendlich", die am Theater Basel uraufgeführt wurde. Der Komponist lässt es krachen. Die Handlung: In der Schweiz treffen Mary Shelley und Lord Byron aufeinander. Am Ende ist "Frankenstein" geboren.
Das historische Treffen zwischen literarisch ambitionierten Briten Anfang des 19. Jahrhunderts in der Schweiz nimmt der Komponist Michael Wertmüller als Ausgang. Percy Shelley, seine spätere Frau Mary, Lord Byron und andere machen sich auf die Suche nach der "erhabenen" Natur in das kleine Land.
Doch das katastrophale Wetter des legendären "Jahres ohne Sommer", die Folge eines Vulkanausbruchs in Indonesien, zwingt die Freunde, acht Tage lang in der Villa Diodati am Genfer See auszuharren.
Wie durch den Teilchenbeschleuniger gedreht
Die Oper bietet zwei Erzählstränge: Zum einen das Treffen der britischen Literaten 1816. Und zum zweiten Wissenschaftler, die im CERN-Zentrum der Schweiz, der real existierenden Forschungseinrichtung, auf der Suche nach dem Ursprung und Sinn des Lebens sind.
Die Regisseurin Lydia Steier bringt beide Ebenen auf die Bühne. Im CERN wird an den historischen Figuren Mary Shelley und Lord Byron experimentiert, die ihr Leben erzählen.
"Es ist ein Rausch, ein absoluter Exzess, ich komme mir selbst vor wie durch den Teilchenbeschleuniger gedreht", so Kritikerin Franziska Stürz. "Es ist etwas zwischen einem dadaistischen Nonsens, auch musikalisch, einem atonalen Experiment und eben Freejazz-Elementen, die auf große Oper hochpotenziert wurden von Michael Wertmüller", so Stürz.
"Sehr, sehr schrill"
Der Schweizer Komponist und Schlagzeuger Wertmüller lasse es musikalisch "zwischendurch ordentlich krachen", der Umgang mit Sprache sei sehr perkussiv, so dass es manchmal auf die Nerven gehe und wehtue. Ganz stark setze er auf hohe, extreme Stimmen.
"Auch bei den Männern, die singen ständig Falsett. Und auch die Frauenstimmen glänzen durch äußerste Koloraturen, die gar nicht mehr aufhören. Es ist wirklich sehr, sehr schrill."
Dea Loher: "Very much, very Big Bang"
Die Sängerinnen und Sänger zeigten eine "absolute Wahnsinnsleistung", so Stürz. "Das zusammenzubringen, das zu erarbeiten in dieser Komplexität, in dieser Vielschichtigkeit, das ist wirklich eine große Leistung."
Zwischendurch würden Videos eingespielt – wissenschaftliche Aufnahmen vom Herz oder Gehirn. "Das Ganze vermischt sich zu einem psychedelischen Rauscherlebnis. Bühne und Musik passen in dieser Verrücktheit wahnsinnig gut zusammen", so die Kritikerin und zitiert aus dem Libretto von Dea Loher: "Very much, very Big Bang."