Vier Frauen bekämpfen sich bis aufs Blut
Vier Frauen kämpfen im Stück "Rote Laterne" des Berliner Komponisten Christian Jost um die Gunst eines alten Mannes. Bei der Uraufführung am Zürcher Opernhaus treffen starke Emotionalität auf wirkungsvolle Musik und sogar lyrische Momente.
Die Story (Libretto: der Komponist Christian Jost) basiert auf einem chinesischen Roman, doch die Handlung könnte genauso gut anderswo angesiedelt sein: Vier Frauen bekämpfen sich bis aufs Blut um die Gunst eines reichen alten Mannes. In ihrer Eifersucht entwickeln sie eine unbändige Lust an der Intrige und steigern sich, bis sie nicht mehr wissen, wo die Grenze zwischen Wahn und Wirklichkeit verläuft. Dieses Spektrum an Emotionen öffnet Tür und Tor für eine Musik, die nicht nur beschreibt, sondern sich zum eindrucksvollen Medium für große Gefühle steigert.
Die Inszenierung von Nadja Loschky in Zusammenarbeit mit dem Bühnen- und Kostümbildner Reinhard von der Thannen schafft einen idealen Raum für viele Wechselbäder der Gefühle. Unzählige graue Wände mit Türen und Vorhängen machen das Haus von Master Chen zum Labyrinth, aus dem es kein Entrinnen gibt. Aber auch keine Möglichkeit, sich unbeobachtet zu bewegen. Im Zentrum ein großer Brunnen, aus dem am Anfang der Oper die junge Studentin Song-Lian wie eine schöne Undine als vierte Frau in den Alltag dieses Hauses auftaucht.
Sich in der Hackordnung behaupten
Alle vier Frauen haben klare Konturen: Die erste ist schon älter, die zweite hat dem Mann bereits Kinder geboren, die dritte war einst Sängerin in einer Peking-Oper – da hat sich der Mann in sie verliebt – und die neue Junge? Sie hat keine Chance, sich in dieser Hackordnung zu behaupten. Die junge amerikanische Sopranistin Shelly Jackson meistert die Rolle sowohl stimmlich wie darstellerisch überzeugend.
Für Sänger wie Orchester bietet die Partitur sehr viel Entfaltungsmöglichkeiten: schöne Arien und Duette, stimmungsvolle Zwischenspiele, viel Schlagzeug, das einerseits die Dramatik steigert und anderseits etwas fernöstliches Kolorit vermittelt, kammermusikalische Stellen bei der Begleitung lyrischer Passagen. Der junge Dirigent Alain Altinoglu gestaltet die Musik mit sehr viel Feingefühl, indem er den Sängerinnen und Sängern genügend Luft und Freiräume lässt.
Fazit: "Rote Laterne" von Christian Jost hat durchaus das inhaltliche wie musikalische Potenzial, von anderen Häusern nachgespielt zu werden.