Operation Holzbein
Am 1. Oktober 1985 griff die israelische Luftwaffe das Hauptquartier der Palästinensischen Befreiungsorganisation an - in Tunesien. Die Vergeltung für einen Anschlag der PLO auf israelische Touristen bei Zypern sollte den "langen Arm" der israelischen Armee demonstrieren.
Von ihren ersten Anfängen in Kuwait und Ägypten hatte es die PLO und ihren Führer Jassir Arafat über Jordanien in den Libanon verschlagen und von dort wurden sie im Sommer 1982 von Israel vertrieben. Sie fanden eine neue Basis im fernen Tunesien, am Shatt-el-Hammam, einem Strand in der Bucht von Tunis - unweit des damaligen Sitzes der Arabischen Liga, aber fast 2500 Kilometer von ihrer alten Heimat entfernt.
Israel und wohl auch die PLO waren zufrieden: die einen, weil die große Distanz neue Aktionen der PLO gegen Israel erschweren würde, die anderen, weil man sich außerhalb der Reichweite des Gegners fühlte. Bis zum 1. Oktober 1985 jedenfalls. Der damalige ARD-Korrespondent Peter Brünner war Augenzeuge:
"Kurz nach 10:15 Uhr dröhnten heute Vormittag drei schwere Explosionen über die Bucht von Tunis. Israelische Kampfflugzeuge hatten das Hauptquartier der PLO drüben auf dem südöstlichen Ufer der Bucht in Hammam-Plage angegriffen."
Innerhalb von weniger als einer Viertelstunde lag das PLO-Hauptquartier in Trümmern. Jassir Arafat überlebte - er befand sich nicht in Tunis. Eine Reihe seiner Leibwächter aber kamen um: 60 Tote und hundert Verletzte wurden gezählt, zwölf der Toten waren Tunesier. Der Angriff kam überraschend, nicht nur für die PLO. Denn es hatte in den zurückliegenden Monaten erste ernsthafte Ansätze gegeben, den Stillstand in der Nahost-Diplomatie zu durchbrechen: Der jordanische König Hussein entwarf eine jordanisch-palästinensische Friedensinitiative, die arabische Welt ignorierte die Idee jedoch.
Auch in der PLO gab es Gegner der Initiative, die ja doch die Anerkennung Israels bedeutet hätte. Und nach einer zeitweiligen Beruhigung setzten wieder Angriffe gegen Israel und seine Bürger ein. Nur eine Woche vor dem Luftangriff bei Tunis waren drei Israelis im zypriotischen Larnaca ermordet worden und Israel bezichtigte die "Force 17" der Tat, Arafats Spezialtruppe, die dies jedoch bestritt. Um die Täter sei es bei dem Luftangriff aber auch gar nicht gegangen, versicherte der damalige Verteidigungsminister Jitzchak Rabin:
"Das Ziel war diesmal nicht das 'Personal', das direkt an den Operationen beteiligt ist, sondern das Hauptquartier, das die Angriffe beschließt und dirigiert, wie bei dem abscheulichen Mord an drei Israelis in Larnaca. Diese Aktion sollte klarstellen, dass niemand in der PLO irgendwo auf der Welt Immunität genießt. Der lange Arm des israelischen Militärs wird ihn erreichen, zuschlagen und ihn bestrafen. Dies war das Ziel der Mission, und ich glaube, als solches war sie ein voller Erfolg."
Militärisch mag die "Operation Holzbein" - so ihr Codename - ja ein Erfolg gewesen sein. Denn nur zweimal zuvor hatte Israel in ähnlich weit entfernten Zielen operiert: im 4000 Kilometer entfernten Flughafen von Entebbe 1976 und bei der Bombardierung des 1100 Kilometer entfernten irakischen Atomreaktors 1981.
Politisch aber war der Angriff bei Tunis ein totaler Misserfolg: Die vorsichtigen Versuche, den Friedensprozess wiederzubeleben, scheiterten auf Jahre hinaus und selbst Ägypten unterbrach die Folgeverhandlungen des Camp David Friedens. Der UN-Sicherheitsrat wiederum verurteilte den israelischen Angriff in seiner Resolution 573 am 4. Oktober 1985 - bei Stimmenthaltung der USA - auf das Schärfste. Deren Präsident, Ronald Reagan, hatte sich zunächst äußerst verständnisvoll gegenüber Israel gezeigt, war dann aber durch Außenminister George Shultz alarmiert worden, dass er damit die Beziehungen zur arabischen Welt und auch die Friedensbemühungen gefährde. Nur wenige Tage später, beim Besuch des damaligen Ministerpräsidenten Shimon Peres in Washington, machte Reagan seine Position mehr als deutlich:
"Der Ministerpräsident und ich sind gleichermaßen entschlossen, dafür zu sorgen, dass Terroristen nirgendwo Unterschlupf finden und dass sie ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Darüber hinaus - und dies ist genauso wichtig - sind Premierminister Peres und ich der Überzeugung, dass der Terrorismus unsere Bemühungen um Frieden im Nahen Osten nicht schwächen darf."
Der Kommentar von Regierungschef Peres war knapp: "Dies war Selbstverteidigung. Punktum". Andererseits war der Angriff in Tunis aber auch sicher keine Reaktion auf den Mord in Zypern eine Woche zuvor: Eine so ausgeklügelte und umfangreiche Aktion lässt sich nicht in sieben Tagen planen. Auch in Israel nicht.
Israel und wohl auch die PLO waren zufrieden: die einen, weil die große Distanz neue Aktionen der PLO gegen Israel erschweren würde, die anderen, weil man sich außerhalb der Reichweite des Gegners fühlte. Bis zum 1. Oktober 1985 jedenfalls. Der damalige ARD-Korrespondent Peter Brünner war Augenzeuge:
"Kurz nach 10:15 Uhr dröhnten heute Vormittag drei schwere Explosionen über die Bucht von Tunis. Israelische Kampfflugzeuge hatten das Hauptquartier der PLO drüben auf dem südöstlichen Ufer der Bucht in Hammam-Plage angegriffen."
Innerhalb von weniger als einer Viertelstunde lag das PLO-Hauptquartier in Trümmern. Jassir Arafat überlebte - er befand sich nicht in Tunis. Eine Reihe seiner Leibwächter aber kamen um: 60 Tote und hundert Verletzte wurden gezählt, zwölf der Toten waren Tunesier. Der Angriff kam überraschend, nicht nur für die PLO. Denn es hatte in den zurückliegenden Monaten erste ernsthafte Ansätze gegeben, den Stillstand in der Nahost-Diplomatie zu durchbrechen: Der jordanische König Hussein entwarf eine jordanisch-palästinensische Friedensinitiative, die arabische Welt ignorierte die Idee jedoch.
Auch in der PLO gab es Gegner der Initiative, die ja doch die Anerkennung Israels bedeutet hätte. Und nach einer zeitweiligen Beruhigung setzten wieder Angriffe gegen Israel und seine Bürger ein. Nur eine Woche vor dem Luftangriff bei Tunis waren drei Israelis im zypriotischen Larnaca ermordet worden und Israel bezichtigte die "Force 17" der Tat, Arafats Spezialtruppe, die dies jedoch bestritt. Um die Täter sei es bei dem Luftangriff aber auch gar nicht gegangen, versicherte der damalige Verteidigungsminister Jitzchak Rabin:
"Das Ziel war diesmal nicht das 'Personal', das direkt an den Operationen beteiligt ist, sondern das Hauptquartier, das die Angriffe beschließt und dirigiert, wie bei dem abscheulichen Mord an drei Israelis in Larnaca. Diese Aktion sollte klarstellen, dass niemand in der PLO irgendwo auf der Welt Immunität genießt. Der lange Arm des israelischen Militärs wird ihn erreichen, zuschlagen und ihn bestrafen. Dies war das Ziel der Mission, und ich glaube, als solches war sie ein voller Erfolg."
Militärisch mag die "Operation Holzbein" - so ihr Codename - ja ein Erfolg gewesen sein. Denn nur zweimal zuvor hatte Israel in ähnlich weit entfernten Zielen operiert: im 4000 Kilometer entfernten Flughafen von Entebbe 1976 und bei der Bombardierung des 1100 Kilometer entfernten irakischen Atomreaktors 1981.
Politisch aber war der Angriff bei Tunis ein totaler Misserfolg: Die vorsichtigen Versuche, den Friedensprozess wiederzubeleben, scheiterten auf Jahre hinaus und selbst Ägypten unterbrach die Folgeverhandlungen des Camp David Friedens. Der UN-Sicherheitsrat wiederum verurteilte den israelischen Angriff in seiner Resolution 573 am 4. Oktober 1985 - bei Stimmenthaltung der USA - auf das Schärfste. Deren Präsident, Ronald Reagan, hatte sich zunächst äußerst verständnisvoll gegenüber Israel gezeigt, war dann aber durch Außenminister George Shultz alarmiert worden, dass er damit die Beziehungen zur arabischen Welt und auch die Friedensbemühungen gefährde. Nur wenige Tage später, beim Besuch des damaligen Ministerpräsidenten Shimon Peres in Washington, machte Reagan seine Position mehr als deutlich:
"Der Ministerpräsident und ich sind gleichermaßen entschlossen, dafür zu sorgen, dass Terroristen nirgendwo Unterschlupf finden und dass sie ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Darüber hinaus - und dies ist genauso wichtig - sind Premierminister Peres und ich der Überzeugung, dass der Terrorismus unsere Bemühungen um Frieden im Nahen Osten nicht schwächen darf."
Der Kommentar von Regierungschef Peres war knapp: "Dies war Selbstverteidigung. Punktum". Andererseits war der Angriff in Tunis aber auch sicher keine Reaktion auf den Mord in Zypern eine Woche zuvor: Eine so ausgeklügelte und umfangreiche Aktion lässt sich nicht in sieben Tagen planen. Auch in Israel nicht.