"Operation Mindfuck" von Yael Ronen und Dimitrij Schaad
Nächste Vorstellungen am Gorki Theater Berlin: 29. Mai, 6. Juni und 2. Juli 2022.
"Operation Mindfuck" am Gorki Theater
Das fünfköpfige Ensemble von "Operation Mindfuck" überzeugt unseren Kritiker André Mumot auf ganzer Linie. Hier im Bild: Maryam Abu Khaled und Aysima Ergün. © Ute Langkafel / MAIFOTO
Im Innern der Trollfabrik
06:52 Minuten
In „Operation Mindfuck“ beschäftigen sich Yael Ronen und Dimitrij Schaad mit den Auswirkungen von Verschwörungstheorien auf die Gesellschaft. Das tun sie so amüsant, dass unser Kritiker hier ein neues Genre erkennt: die zeitkritische Theaterkomödie.
„Je kryptischer, absurder und seltsamer die Verschwörungstheorie war, die ich Stück für Stück niederschrieb, desto populärer wurde sie. Man musste nicht mal ein Fan von Verschwörungstheorien sein, um mit dem, was ich schrieb, etwas anfangen zu können“, sagt die Hauptfigur des Abends, Alice, im neuen Stück "Operation Mindfuck" von Yael Ronen und Dimitrij Schaad am Gorki Theater Berlin.
„Man musste lediglich ein minimales Misstrauen gegenüber den üblichen Verdächtigen haben: den globalen Eliten, Banken, Politikern, Big Tech, Big Pharma, Big Media, der Ölindustrie, Waffenindustrie, Hollywood und natürlich Juden. Ich brauchte nicht einmal die Hilfe unserer großen Trollabteilung. Meine Geschichten verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Blogger verdienten Geld damit, meine Drops zu analysieren und zu kommentieren. Mein Pseudonym K war überall im Internet ein Buchstabe, der eine völlig unwahrscheinliche Bewegung lostrat.“
Mit Verschwörungstheorien die Gesellschaft destabilisieren
Alice, brillant gespielt von Aysima Ergün, arbeitet in einer Trollfabrik und versucht, mit Verschwörungstheorien die Gesellschaft zu destabilisieren, wie unser Kritiker André Mumot nach der Uraufführung erklärt:
„Man begreift, dass es eigentlich gar nicht darum geht, die Menschen von einer bestimmten Verschwörungstheorie zu überzeugen, sondern eigentlich geht es darum, Gesellschaften instabil zu machen, für so viel Unruhe, für so viel Verwirrung, so viel Durcheinander auch in der Politik und den Ideologien zu sorgen, dass die Menschen sich zu trumpschen politischen Figuren eher hingezogen fühlen als zu einer vernünftigen Politik.“
Der zweite Handlungsstrang des Abends: Ein Mann mit starkem sächsischen Akzent, sehr amüsant gespielt von Till Wonka, soll zum Bundeskanzlerkandidaten aufgebaut werden. „Er war das Kind auf der Kinder-Schokoladenpackung", erklärt Mumot. "Deswegen wird er immer nur das Kinderkind genannt und zu so einer Art deutschen Version von Donald Trump aufgebaut. Und diese beiden Erzählstränge kommen in 80 Minuten knapp erzählt zueinander.“
Witzig und unterhaltsam
Wir haben es hier also mit einem Handlungsstück zu tun, wie Mumot erklärt, und weniger mit einem assoziativen Abend, für den Ronen eigentlich bekannt ist. Doch schon beim Vorgängerstück „Slippery Slope“, mit dem sie gerade beim diesjährigen Theatertreffen eingeladen war, handelte es sich um erzählte Geschichten und weniger um autobiografisches Material der Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne.
„Es ist eine reine Komödie, ein satirischer, eigentlich schon fast kabarettistischer Abend, der einen lauten Humor entfacht", urteilt Mumot. "Da ist viel los, da wird auch durchaus albern über die Stränge geschlagen, aber es ist auch tatsächlich witzig. Und vor allen Dingen muss man sagen: Dieses fünfköpfige Ensemble bringt eine großartige komödiantische Leistung an diesem kurzen Abend auf die Bühne – und man bekommt auch wirklich eine Vorstellung davon, was hinter den Kulissen des Internets passiert.“
Neue Art von Theaterkomödie
Unseren Kritiker hat die Art und Weise, wie dieses ernste Thema hier angegangen wird, „sehr überzeugt". Es würden zwar nicht, wie sonst üblich beim deutschsprachigen Theater, die tiefsten Schichten eines Themas beleuchtet, aber: "Am Gorki entsteht gerade eine neue Art von schnell geschriebener, schnell gespielter, zeitkritischer Theaterkomödie, die ich sehr begrüßenswert finde: Man kann da reingehen und sich mal knappe anderthalb Stunden mit einem Thema auf eine amüsante, witzige und wirklich auch nicht dumme Weise auseinandersetzen.“