Operette "Der tapfere Soldat" am Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz
Regie: Peter Konwitschny
Musik: Oscar Straus
Libretto: Rudolf Bernauer und Leopold Jacobson
Satire mit großer Fallhöhe
Wie stark betreffen uns Krieg und Heldentum? Peter Konwitschnys subtil ausgearbeitete Inszenierung von Oscar Straus' Operette "Der tapfere Soldat" am Münchner Staatstheater verlegt die Konflikte ins alltägliche Leben – und lässt neben politischen auch Geschlechter- und Standeskämpfe austragen.
Heute wie im Uraufführungsjahr 1908, stellt sich uns die Frage, wie stark uns die Themen Krieg und Heldentum betreffen, auch wenn wir nicht wissen, an welcher Front wir eigentlich kämpfen. Für Peter Konwitschny handelt Oscar Straus' musiktheatralische Parodie auf George Bernhard Shaws Satire "Helden" vom Krieg im Großen und im Kleinen. Dieses "Kleine" ist das alltägliche Leben: Familie, Beziehungen, Liebeleien und Sehnsüchte. In seiner Operette "Der tapfere Soldat", die jetzt am Staatstheater am Gärtnerplatz in München Premiere feierte, werden neben politischen auch Geschlechter- und Standeskämpfe ausgetragen. Alles hinter der heiteren musikalischen Maske spritziger Melodien mit Ohwurmqualität.
Ein bestens disponiertes Ensemble glänzt unter Anthony Bramalls flexiblem und humorvollen Dirigat sowohl stimmlich als auch darstellerisch. Nur leicht streift die Inszenierung Kitsch und Klamauk und landet bei bissiger Satire und dunkelschwarzem Humor am Ende. Sophie Mitterhuber als Nadina und Daniel Prohaska als Pralinésoldat Bumerli überzeugen auf ganzer Linie, wie das gesamte Ensemble, das auch die Dialoge in feinster Detailarbeit mit viel Subtext serviert – extrem wichtig für das Gelingen dieser Operette!
Explosionen vor bonbonfarbenem Hintergrund
Bonbonfarben und süßlich kommen die ersten beiden Akte im reduzierten Bühnenbild von Johannes Leiacker daher. Ab und zu explodiert mal eine kleine Granate, aber das tangiert das heitere Beziehungsspiel nicht weiter. Im Hintergrund prangt ein phosphoreszierend leuchtendes, abstraktes Krikelkrakel , das wie eine Explosion aussieht und blau, gelb, oder rot ausgeleuchtet werden kann. Mitten in der Bühne steht das schlichte Mädchenbett von Nadina, die darin zuerst von ihrem Helden Alexius schwärmt, bis Bumerli mit einem rotweißen Fallschirm aus dem Schnürboden bei ihr landet. Auch seine Pralinenschachtel schwebt an einem gelben Regenschirm von oben herunter.Mary Poppins lässt grüßen.
Im dritten Akt macht Konwitschny diese vermeintlich noch relativ heile Welt mit Raketen und Bomben platt und lässt die Figuren zu versehrten, bizarren Gestalten werden. Bumerli kehrt als Waffenhändler im Nadelstreifenanzug zurück nach Bulgarien und will sich Nadina abholen. Das vorgesehene Happy End bleibt jedoch in München aus: Nadina verschwindet unbemerkt, und die Eltern stoßen dennoch fröhlich mit dem neuen Geschäftspartner und der ganzen Gesellschaft an. Leise, ganz leise verklingt Oscar Straus’ beschwingte Musik zum fallenden Vorhang, und man stellt beschämt fest, dass einen das Ganze doch ziemlich amüsiert hat.