Opulente Oper für eine Krebspatientin
In seiner Version von Puccinis "La Bohème" lässt Stefan Herheim die Darsteller in antiquiertem Bühnenbild und staubigen Kostümen mit allerlei Exzentrik auftreten. Im Mittelpunkt steht ein Krankenzimmer - weshalb das Stück mit dem Klang einer Herzlungenmaschine beginnt.
Wirklich schön ist das Ganze nicht. Statt aufbrausendem Orchestergewitter gibt's zunächst nur den monotonen Klang einer Herzlungenmaschine. An die ist eine junge Frau mit Glatze angeschlossen. Um ihr die verbleibende Zeit ein wenig zu vertreiben, spielen Freunde, Pfleger, und Ärzte für sie große Oper. Konkret: Puccinis "La Bohème".
Das allein wäre freilich recht banal, und da Stefan Herheim inszeniert, ist die Sache natürlich komplexer und komplizierter. Denn ob sich da jemand in eine gute alte (Opern-) Zeit hineinträumt oder ob tatsächlich ein (Opern-) Wunder vor dem Tode geschieht, das bleibt bewusst im Ungewissen. Was es nun mit dem Retro-Ambiente auf sich hat, das kann man ziemlich genau beschreiben: Herheim spielt eine jahrzehntelang in der alten Osloer Oper gezeigte Bohème nach, die er für das 2008 eröffnete, hypermoderne Haus am Hafen eindringlich überarbeitet hat. Denn einerseits reichert Herheim das Geschehen in antiquiertem Bühnenbild und staubigen Kostümen mit allerlei Exzentrik an, andererseits mischt sich immer wieder die sehr gegenwärtige Krankengeschichte ein.
Mal überlappen sich die Ebenen, mal prallen sie unvermittelt aufeinander, dann wiederum scheinen sie untrennbar miteinander verknüpft. Dass manches, wie oft bei Stefan Herheim, sehr überkandidelt ist - geschenkt. Im Wesentlichen funktioniert sein Konzept und bietet auch eingefleischten Puccinisten etwas Neues, Anderes. Das Weihnachtsfest in der Taverne etwa beginnt sehr pittoresk und mündet bald in eine seltsam bedrohliche Atmosphäre. Der Tod erscheint als Mischung aus norwegischem Troll und Graf Dracula (er ähnelt Klingsor in Herheims Bayreuther Parsifal), spielt Geige und amtiert eher nebenbei auch noch als Mansardenvermieter Benoit.
Das altbackende Bühnenbild wurde von Heike Scheele durch Lichteffekte und Projektionen erweitert, mit großer Eleganz wechseln die Spielorte, wandeln sich Zeiten und Räume, laufen ineinander und trennen sich wieder. Am Ende dieser Zeiten- und Weltenreise stirbt die reale Mimi endgültig, während ihre adrett kostümierte Doppelgängerin davon schreitet, sich und ihre Rolle sozusagen in die Operngeschichte hinein oder hinaus transzendiert.
Marita Sølberg gab ihre Partie mit samtiger Mittellage, in der Höhe allerdings ein wenig klirrend. Diego Torre war trotz leichter Unschärfen mit seinem kantablen Schluchzen ein idealer Rodolfo und sang buchstäblich um sein Leben - und um das Mimis. Jennifer Rowley überzeugte als Musetta, Vasilij Ladyuk interpretierte einen jugendlich kernigen Marcello und Svein Erik Sagbråten verwandelte sich mühelos vom bösen Vermieter in den nicht minder üblen Todesengel und amtierte nebenbei noch Alcindoro, Parpignol und Toller. Ganz wunderbar auch das zupackende Dirigat von Eivind Gullberg Jensen.
In den überwiegend enthusiastischen Applaus mischten sich einige Buhs für Herheim und sein Team, die er entspannt zur Kenntnis nahm. Herheim trug ein schwarzes Jackett mit blutrotem Innenfutter.
In Kürze hat die Osloer Oper übrigens mit Per Boye Hansen einen neuen Direktor. Hansen rückte zuletzt das Bergen Festival in den internationalen Fokus, nun will er auch in Oslo gewagtere Projekte und Regie-Handschriften zeigen. Das Opernhaus soll zum kulturellen Leuchtturm werden und als Zentrum eines neuen Viertels fungieren, der die Innenstadt mit dem Oslo Fjord verbindet. Neue Museen werden gebaut, ein Tunnel, aber auch Wohnungen und Bürogebäude. Womit das alles bezahlt wird? Sicher vor allem mit den äußerst krisenfesten Währungen Öl und Gas.
Das allein wäre freilich recht banal, und da Stefan Herheim inszeniert, ist die Sache natürlich komplexer und komplizierter. Denn ob sich da jemand in eine gute alte (Opern-) Zeit hineinträumt oder ob tatsächlich ein (Opern-) Wunder vor dem Tode geschieht, das bleibt bewusst im Ungewissen. Was es nun mit dem Retro-Ambiente auf sich hat, das kann man ziemlich genau beschreiben: Herheim spielt eine jahrzehntelang in der alten Osloer Oper gezeigte Bohème nach, die er für das 2008 eröffnete, hypermoderne Haus am Hafen eindringlich überarbeitet hat. Denn einerseits reichert Herheim das Geschehen in antiquiertem Bühnenbild und staubigen Kostümen mit allerlei Exzentrik an, andererseits mischt sich immer wieder die sehr gegenwärtige Krankengeschichte ein.
Mal überlappen sich die Ebenen, mal prallen sie unvermittelt aufeinander, dann wiederum scheinen sie untrennbar miteinander verknüpft. Dass manches, wie oft bei Stefan Herheim, sehr überkandidelt ist - geschenkt. Im Wesentlichen funktioniert sein Konzept und bietet auch eingefleischten Puccinisten etwas Neues, Anderes. Das Weihnachtsfest in der Taverne etwa beginnt sehr pittoresk und mündet bald in eine seltsam bedrohliche Atmosphäre. Der Tod erscheint als Mischung aus norwegischem Troll und Graf Dracula (er ähnelt Klingsor in Herheims Bayreuther Parsifal), spielt Geige und amtiert eher nebenbei auch noch als Mansardenvermieter Benoit.
Das altbackende Bühnenbild wurde von Heike Scheele durch Lichteffekte und Projektionen erweitert, mit großer Eleganz wechseln die Spielorte, wandeln sich Zeiten und Räume, laufen ineinander und trennen sich wieder. Am Ende dieser Zeiten- und Weltenreise stirbt die reale Mimi endgültig, während ihre adrett kostümierte Doppelgängerin davon schreitet, sich und ihre Rolle sozusagen in die Operngeschichte hinein oder hinaus transzendiert.
Marita Sølberg gab ihre Partie mit samtiger Mittellage, in der Höhe allerdings ein wenig klirrend. Diego Torre war trotz leichter Unschärfen mit seinem kantablen Schluchzen ein idealer Rodolfo und sang buchstäblich um sein Leben - und um das Mimis. Jennifer Rowley überzeugte als Musetta, Vasilij Ladyuk interpretierte einen jugendlich kernigen Marcello und Svein Erik Sagbråten verwandelte sich mühelos vom bösen Vermieter in den nicht minder üblen Todesengel und amtierte nebenbei noch Alcindoro, Parpignol und Toller. Ganz wunderbar auch das zupackende Dirigat von Eivind Gullberg Jensen.
In den überwiegend enthusiastischen Applaus mischten sich einige Buhs für Herheim und sein Team, die er entspannt zur Kenntnis nahm. Herheim trug ein schwarzes Jackett mit blutrotem Innenfutter.
In Kürze hat die Osloer Oper übrigens mit Per Boye Hansen einen neuen Direktor. Hansen rückte zuletzt das Bergen Festival in den internationalen Fokus, nun will er auch in Oslo gewagtere Projekte und Regie-Handschriften zeigen. Das Opernhaus soll zum kulturellen Leuchtturm werden und als Zentrum eines neuen Viertels fungieren, der die Innenstadt mit dem Oslo Fjord verbindet. Neue Museen werden gebaut, ein Tunnel, aber auch Wohnungen und Bürogebäude. Womit das alles bezahlt wird? Sicher vor allem mit den äußerst krisenfesten Währungen Öl und Gas.