Gil Shaham, Violine
Orchestre de Paris
Leitung: Paavo Järvi
Französischer Abend
Das Orchestre de Paris spielte unter der Leitung von Paavo Järvi das Violinkonzert von Peter Tschaikowski, das dieser nach französisch-spanischen Vorbildern komponierte. Großartiger Solist ist Geiger Gil Shaham. Es folgen Großwerke von Ravel und Debussy.
Das Orchestre de Paris ist ein relativ junges Orchester, das erst 1967 gegründet wurde. Doch seine Tradition reicht weit ins 19. Jahrhundert zurück - und schon in diesen letzten gut 50 Jahren hatte das "OdP" viele bedeutende Chefdirigenten. Paavo Järvi ist einer von ihnen.
Der Ex springt ein
Bis 2016 amtierte der estnische Künstler dort als Chefdirigent. Nun ist er kurzfristig eingesprungen, weil der Kollege Tugan Sokhiev nicht aus Moskau anreisen konnte. Kein Problem war das für ihn, denn die Werke des Abends Ende September in der Pariser Philharmonie gehören zum Kernrepertoire eines jeden Orchesters weltweit.
Der famose amerikanische Geiger Gil Shaham spielte das erste russische Violinkonzert, das gleich zu einem der Lieblingswerke der Gattung geworden ist, das erste und einzige von Peter Tschaikowsky.
Russisches Konzert nach französischem Vorbild
Es steht im Leben und Schaffen des Komponisten für einen neuen Beginn – geschrieben hat Tschaikowsky es in der Schweiz, wo er sich von persönlichen Enttäuschungen zu erholen versuchte.
Weit nach Westen ging dabei sein Blick, als er daranging, das erste russische Violinkonzert zu schaffen, das sich weltweit etablieren sollte. Tschaikowsky wörtlich: "Mich hat die Art und Weise inspiriert, in der Komponisten wie Eduard Lalo, Léo Delibes und George Bizet nicht vorgeben, Tiefe zu haben, sondern wie sie skrupellos Routine vermeiden, wie sie neue Formen entstehen lassen. Und im Gegensatz zu den Deutschen denken sie dabei mehr an musikalische Schönheit als an Tradition."
Mit Atem und Füßen gespielt
Der Solist unserer Aufnahme aus Paris ist Gil Shaham – er ist ein sehr temperamentvoller und spontaner Geiger – deshalb ist in der Aufnahme aus Paris deutlich zu hören, wie er mit seinen Füßen und seinem Atem die Musik gestaltet, nicht nur mit seinem Instrument.
Komponist statt Matrose
Claude Debussys "La Mer" ist ein farbenreiches Bravourstück. Damit können Dirigent und Orchester beweisen, wie sie harmonieren, in diesem Fall auch nach längerer Zeit, da sie nicht mehr so regelmäßig zusammenarbeiten.
"Ich liebe das Meer; ich habe ihm mit der leidenschaftlichen Ehrfurcht gelauscht, die man ihm schuldig ist." So beschreibt Claude Debussy seine Beziehung zum blauen Element. Er hatte nach den Plänen seiner Eltern eigentlich Matrose werden sollen. Doch er wurde Komponist und suchte lange nach seinem eigenen Weg.
1905 beschäftigte er sich mal wieder mit dem Meer - und dabei glückte ihm ein Musterbeispiel, wie man Natur in Musik umzusetzen kann.
Das Griechenland seiner Träume
Maurice Ravels zweite Suite aus der Musik zu "Daphnis und Chloé" bildete den Abschluss des Konzerts am 30. September in der Philharmonie Paris. "Das Griechenland seiner Träume" vertonte Maurice Ravel nach eigenen Worten in seiner Musik zu dieser Geschichte aus der Welt der Hirten und Nymphen.
Die Handlung ist turbulent: Daphnis’ Geliebte Chloé wurde von Piraten entführt. Er selbst fällt in Lethargie, aber der Hirtengott Pan hilft ihm, Chloé zu befreien. Der kann Daphnis Gefühle gut nachvollziehen, denn er hatte sich einst auch in die Nymphe Syrinx verliebt und sie erst mit seinem traurig-schönen Flötenspiel gewonnen.
Das ist bei Ravel das Theater im Theater – in einem ekstatischen Tanz endet das Ganze – alle Liebenden haben sich wiedergefunden.
Philharmonie Paris
Aufzeichnung vom 30. September 2020
Aufzeichnung vom 30. September 2020
Peter Tschaikowsky
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35
Claude Debussy
La Mer
La Mer
Maurice Ravel
Suite Nr. 2 "Daphnis et Chloé"
Suite Nr. 2 "Daphnis et Chloé"