Organist Andreas Sieling

Den Berliner Dom zum Klingen bringen

35:00 Minuten
Andreas Sieling vor seinem Instrument, der Orgel im Berliner Dom
Andreas Sieling vor seinem Instrument, der Sauer-Orgel im Berliner Dom: "Der Klang füllt den Raum auf eine unglaublich angenehme Weise." © organist.de, Andreas Sieling
Moderation: Tim Wiese |
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Wenn er nicht auf Konzertreise ist oder als Professor unterrichtet, spielt Andreas Sieling auf der großen Sauer-Orgel des Berliner Doms. Dabei war sein Weg zum ersten Klavier und danach zur Orgel weit. Die Musik wurde für ihn zu einer Insel.
Seine Begeisterung ist ansteckend. Seit 2005 ist Andreas Sieling Domorganist in Berlin. Die Orgel, die Wilhelm Sauer 1905 baute, durfte Andreas Sieling aber schon 1993 zum ersten Mal spielen. Da habe er sich gleich in das Instrument verliebt, erzählt er. Gut 13 Meter ist es hoch, und durch die größten der insgesamt 7.269 Pfeifen könnte ein Kleinkind durchkrabbeln. Vor allem aber ist es der Klang, der den Organisten ins Schwärmen bringt.
"Ich fahre hier sozusagen als Instrument den Rolls Royce. Es ist ein sehr dunkles Klangbild, immer warm und intensiv, niemals laut oder aggressiv. Viele Leute sind sogar enttäuscht, wenn sie in den Berliner Dom kommen. Sie denken: ‚Wow, das ist jetzt die größte Orchesterorgel aus dem späten 19. Jahrhundert, die wir hier haben. Das muss richtig losgehen und laut sein.' Nein, der Klang geht sehr in die Breite, er wird immer tiefer und füllt den Raum auf eine unglaublich angenehme Weise."

Als 14-Jähriger für den Organisten eingesprungen

Andreas Sieling wächst in Oldenburg auf. Als Kind singt er im Kindergarten und spielt Blockflöte. Das Elternhaus unterstützt seine musikalischen Interessen kaum. Seinem Wunsch nach einem Klavier wird erst spät nachgegeben. Aber dann ist er nicht mehr zu bremsen. Als in seinem Heimatort sowohl der örtliche Pfarrer als auch der Organist gleichzeitig weggehen, kommt der Vorschlag, dass der 14-jährige Andreas, der bereits Abiturientenfeiern mit dem Klavier begleitete, die verwaiste Orgel spielen soll.
"Naiv wie ich war, dachte ich, das Instrument interessiert mich. Ich machte das und bekam deswegen sehr guten Orgelunterricht, ein Stipendium der Oldenburgischen Landeskirche, so dass ich dann alsbald auch in der Kirche spielen konnte."
Aber Orgel zu studieren, das kam für den begabten Schüler nicht in Frage. "Ich habe mir das einfach nicht zugetraut", sagt Andreas Sieling. Die Musik ist für ihn eine Insel. Die familiären Verhältnisse sind nicht einfach, und in der Musik findet er eine Nische, einen Schutzraum, den er sich erhalten möchte. "Musik war eben der Ort, an dem ich ich sein konnte und mich ausdrücken konnte." So studiert er anfangs Musikwissenschaften, Germanistik und Publizistik in Berlin – und später dann doch noch Kirchenmusik.

Die Musik durch die Finger strömen lassen

Morgens um 7.30 Uhr sitzt Andreas Sieling im Berliner Dom und übt an der Sauer-Orgel. Täglich zwei, drei Stunden, das Instrument macht viel Arbeit. Durchlässig sitzen, richtig atmen, und die Musik dann durch die Finger strömen lassen, so beschreibt der Organist sein Spiel. Er hat hohe Ansprüche an sich. "Falsche Noten – das geht gar nicht. Wenn man spielt, nicht genug Ehrgeiz hat und es klingt dann blöd – das würde ich gar nicht aushalten."
Er spielt nicht nur zu Gottesdiensten im Berliner Dom. Andreas Sieling ist auch Professor für Kirchenmusik und Orgelsachverständiger, er gibt Meisterkurse und Konzerte weltweit, geht in Schulen, um junge Menschen für die Orgel zu begeistern. Gemeinsam mit der Choreografin Sasha Waltz hat er Tanz und Orgel zusammengebracht.
Sieling hat seinen Lebenstraum verwirklicht, das gesamte Orgelwerk von Johann Sebastian Bach einzuspielen. "Ich glaube, 1.600 Notenseiten, ungefähr sieben Kilo Notenmaterial sind dann gespielt worden." Mit dem diesjährigen Opus Klassik wurde er allerdings für seine CD ausgezeichnet, auf der Orgelmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy im Zentrum steht.
(svs)
Moderator Tim Wiese (links) mit Organist Andreas Sieling im Berliner Dom an der großen Sauer-Orgel
Moderator Tim Wiese (links) mit Organist Andreas Sieling im Berliner Dom an der großen Sauer-Orgel© Deutschlandradio / Uwe Lauschke
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