Orgelsonaten von Felix Mendelssohn Bartholdy

Zärtlicher Ausdruck und exquisite Leidenschaftlichkeit

In der Mode von 1825 malte James Warren Childe den jungen Komponisten mit dunklen Locken.
An den Manualen ein Improvisator, am Schreibtisch ein Komponist: Felix Mendelssohn Bartholdy hatte ein besonderes Verhältnis zur Orgel. © imago images / United Archives International
Gast: Ullrich Böhme, Organist; Moderation: Claus Fischer · 25.04.2021
Felix Mendelssohn Bartholdy war nicht nur ein Pionier, wenn es um die Aufführungen von Bachs Musik ging. Mit eigenen Sonaten wies er einer ganzen Komponistengeneration den Weg zur romantischen Orgelmusik.
Die Orgel ist das "Instrument des Jahres 2021", das hat der Deutsche Musikrat beschlossen. Und die "Sechs Sonaten für die Orgel" op. 65 von Felix Mendelssohn Bartholdy gehören zum Kernrepertoire der Gattung Orgelmusik. An diesem Zyklus kommt heute kein Organist, keine Organistin vorbei.

Hier geht es zur Playlist der Sendung.

Zeit für eine Bestandsaufnahme mit einem Gesprächspartner, der es wissen muss: Ullrich Böhme ist Thomasorganist in Leipzig, an dem Ort, an dem Mendelssohn den Zyklus 1845 veröffentlicht hat: Eine Publikation im ältesten Musikverlag der Welt, Breitkopf & Härtel.
Auch wenn bei Mendelssohn heute wohl eher an die Sinfonien, den "Sommernachtstraum" und die "Lieder ohne Worte" gedacht wird, war der Komponist der Orgel sehr verbunden. Vor allem in England genoss Mendelssohn in den 1840er einen Ruf als Organist, dessen Improvisationsstil, wie ein Kollege schrieb, "voll zärtlichen Ausdrucks und exquisiter Leidenschaftlichkeit" sei.

Majestätische Meilensteine

Tatsächlich hatte die Orgel nach der Barockzeit nicht im Mittelpunkt des Interesses der Komponisten gestanden, obwohl das vielzitierte Wort von der "Königin der Instrumente" auf Wolfgang Amadeus Mozart zurückgeht, bei dem es 1777 hieß: "die orgl ist doch in meinem augen und ohren der könig aller jnstrumenten."
Mendelssohn setzte diesen "König" wieder in sein Recht, indem er mit seiner Werkgruppe die romantische Orgelmusik maßgeblich anregte, ohne das große Vorbild Johann Sebastian Bachs zu verleugnen.
Ullrich Böhme liebt Mendelssohns Sonaten seit Beginn seiner Laufbahn. Im Gespräch mit Claus Fischer geht der Organist der Thomaskirche dem Wechsel der Stimmungen in den einzelnen Sätzen nach und beleuchtet das Verhältnis von Emotion und Intellekt in diesem musikalischen Kosmos.
Nicht nur mit Johann Sebastian Bach verbunden: Die Leipziger Thomaskirche
Nicht nur mit Johann Sebastian Bach verbunden: Die Leipziger Thomaskirche© imago images / epd
Besonderes Gewicht gewinnt die Frage, welche "Hardware", sprich: welche Orgeln für die sechs Sonaten am besten geeignet sind. Schließlich hängt in der Orgelmusik eine Interpretation immer auch in erheblichem Maße von Instrument und Raum ab. Passen also Instrumente, die in der Epoche vor Mendelssohn, also im Barock erbaut wurden?
Oder sind es Orgeln, die zu seinen Lebzeiten neu entstanden sind? Welchen Beitrag können Instrumente der späten Romantik leisten, die lange nach Mendelssohns Tod entstanden? Oder gar Orgeln aus der Gegenwart?
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