„Es war eine Gründerzeitstimmung“
2002, nach dem Sturz der Taliban, reiste Almut Wieland-Karimi mit ihrer Familie nach Afghanistan und gründete dort eine Niederlassung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Damals habe man in Afghanistan ein internationales Leben geführt, erinnert sie sich.
Ein Orchideenfach sei es, was sie studiert habe, sagt die Islamwissenschaftlerin Almut Wieland-Karimi. Bereut hat sie ihre Studienwahl aber nie: "Mich hat eine gewisse Neugierde motiviert oder auch eine Faszination für das Fremde. Und es hat mir riesig Spaß gemacht, diese schwierige Sprache Arabisch zu lernen."
Später lernte sie außerdem Persisch, um sich in dem Land verständigen zu können, auf das sie sich früh spezialisiert hat: Afghanistan. Es dauerte allerdings Jahre bis Almut Wieland-Karimi endlich nach Afghanistan kam. Obwohl sie schon ihre Doktorarbeit über das Land geschrieben hatte und auch über ihren afghanisch-deutschen Ehemann familiär eng mit ihm verbunden war, erhielt sie unter dem Regime der Taliban kein Visum. Erst nach deren Sturz lernte sie das Land auch ganz praktisch kennen.
Mit der Familie nach Afghanistan
2002 ging sie schließlich mit ihrer Familie nach Kabul und gründete dort eine Niederlassung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Für die Familie war es ein weniger einschneidender Schritt als man von außen vermuten könnte. "Ich habe es nie so empfunden, dass wir als deutsche Familie dort hingehen, sondern wir sind als deutsch-afghanische Familie dorthin gegangen. 'Normal' ist also insofern nicht nur, was Kinder in Berlin oder sonst wo erleben können, sondern für uns war auch immer klar, dass es in jedem Land bestimmte Sitten und Gepflogenheiten gibt, an die man sich dann anzupassen hat. Und für uns als Familie war es sicherlich einfacher in Afghanistan als woanders, weil eben auch die Kinder die Sprache sprechen, aber es ist natürlich ganz anders für Kinder, dort zu leben als hier."
"Es war eine Gründerzeitstimmung", sagt die Anfang 50-Jährige über die ersten Jahre nach dem Sturz der Taliban. Mit der heutigen Lage sei die Situation von damals nicht zu vergleichen. "2002 haben wir uns viel weniger Sorgen gemacht um die Sicherheit. Tatsächlich haben wir ein eher internationales Leben geführt in Afghanistan. Wir hatten immer sehr viele Gäste, sehr viel Besuch – ein Teil waren dann eben Afghanen und ein Teil internationale Gäste. Das hat zu sehr schönen Erlebnissen geführt, eigentlich wie es sein sollte in einem Land – eben nicht mit Parallelwelten."
Heute hat sich die Situation in dem Land verändert, was sich nicht zuletzt in der Gewalt rund um die gerade abgehaltenen Parlamentswahlen gezeigt hat. Es ist ein Konfliktfeld von vielen, das Almut Wieland-Karimi mittlerweile auch als Geschäftsführerin des Berliner "Zentrums für internationale Friedenseinsätze" (ZIF) im Blick hat.
Krisenprävention und Mediation zwischen Feinden
Ob Ostukraine, Südsudan oder Kolumbien – das Institut ist auf der ganzen Welt damit beschäftigt, Wahlbeobachtungsmissionen für die Vereinten Nationen oder die Europäische Union durchzuführen. Es betreibt auch Krisenprävention und entsendet zivile Experten in Konfliktherde, um etwa beim Aufbau einer starken Zivilgesellschaft oder der Mediation zwischen verfeindeten Gruppen zu helfen.
"Der Grundsatz ist so, dass das Gastland, also das von dem Konflikt oder der Krise geschüttelte, eine internationale Friedensmission einladen muss. Das heißt grundsätzlich gibt es da eine Übereinstimmung, und in den meisten Fällen werden diese Experten auch mit offenen Armen empfangen."
In Zukunft will das Institut die Friedenseinsätze vermehrt auch in afrikanischen Ländern durchführen. Auf diesem Kontinent hat die Außenpolitik-Expertin, die außer in Afghanistan auch in Argentinien und den USA tätig war, noch nicht gelebt. Sie hofft auch auf baldige Missionen nach in Syrien, wenn der Krieg dort endlich ein Ende findet. Und so sehr Almut Wieland-Karimi seit mittlerweile neun Jahren in Berlin verankert ist: Gut denkbar ist es, dass es sie dann wieder in die Ferne zieht.