Originalton: Through my eyes (2)

"Antisemitismus habe ich nicht kennengelernt"

Yiftach Ashkenazy wurde Fan der deutschen DFB-Elf. Dass er Miroslav Klose mochte, nahmen ihm die Polen übel.
Yiftach Ashkenazy wurde Fan der deutschen DFB-Elf. Dass er Miroslav Klose mochte, nahmen ihm die Polen übel. © dpa picture alliance / Marcus Brandt
Von Yiftach Ashkenazy |
In der "Lesart" geben in dieser Woche israelische Autorinnen und Autoren ihre persönliche Sicht auf Deutschland zum Besten. So auch Yiftach Ashkenazy, der sich Deutschland als Fußball-Fan angenähert hat.
Es gab 1999 einen dramatischen Moment. Aufgrund einer klischeehaften Vorstellung war Deutschland in Israel verpönt. Und ich entschied mich, obwohl jedermann sagte, Deutschland spiele keinen guten Fußball, das deutsche Team zu mögen. Ich wurde für die folgenden Jahre ein Fan der Deutschen.
Dann war ich in Auschwitz, auf einem Fortbildungsseminar über den Holocaust. Alle Polen waren gegen Deutschland, ich war der einzige, der es unterstützte. Die Polen waren besonders sauer auf Podolski und Klose – weil die ja polnische Wurzeln haben, aber für Deutschland spielen. Man betrachtete mich als Irren, weil ich für Deutschland war - Fußball also, das war meine erste Erfahrung.
"Berlin half mir, viele Klischees abzubauen"
Später dann lebte ich einige Zeit in Deutschland. Indem ich dort war, erfuhr ich etwas über das Land, nicht durch Klischeevorstellungen.
Natürlich gibt es die Vergangenheit. Sie ist da, man kann sie nicht ignorieren. Aber das beeinträchtigt nicht den Blick auf die gesamte Realität. Besonders Berlin half mir, viele Klischees abzubauen.
Auch wenn man mich immer vor Antisemitismus warnte – ich habe ihn nicht kennengelernt. Niemand scherte sich darum, dass ich nicht deutsch aussah. Außer den Türken. Die sprachen mich immer auf Türkisch an. Ich wurde irgendwann sauer. Ich lebte in Kreuzberg und immer wenn ich nicht auf Türkisch antwortete, wurden sie sauer. Sie hielten mich einfach für einen Türken, der sich verleugnete.
Übersetzt von Carsten Hueck

Yiftach Ashkenazy, geboren 1980 in Carmiel, lebt heute in Jerusalem. Er ist Schriftsteller und Literaturkritiker bei "Haaretz" und arbeitet im Yad Vashem Institut. Er veröffentlichte den Roman "Die Geschichte vom Tod meiner Stadt", der 2007 auch auf Deutsch erschien, und den Erzählungsband "Mein erster Krieg" (deutsch 2008). Er nahm am "Yangiero Projekt" teil und publiziert immer wieder Kolumnen im deutschen Radio und in deutschen Zeitungen.

Der Text im Original:
The dramatic moment was 99, when everybody disliked Germany in Israel, because of the stereotype. And I decided to like although they said that Germany doesn't like play a good soccer, but I was the gatekeeper. So I was pro Germany. And then, I was becoming a fan of Germany for all the years. I was in Oswiecim, to learn about the Holocaust, a seminar education or a seminar. And I was there with the... And I was the only fan of Germany, like all the Poles were against Germany. They really were angry because of Podolski and Klose. They are German, they are Polish by origin. And I was the only one, who was pro Germany. And everybody was looking at me like I am crazy. So, this is the first impression: soccer.
And later on, I was living in Germany. I learned about Germany by living there, not by all the stereotypes.
There is the past; and the past is there. You can not deny it. You can not overlook it. But it is not something that change the way that you see all the reality. Actually Berlin was a place of breaking a lot of stereotypes also inside, When they tell you all the time: Beware of anti-Semitism, and I didn't found any anti-Semitism in Berlin. So, no one was care about the fact that I don't look German. The Turkish care, they thought that I am Turkish and always spoke Turkish with me. I got upset. I lived in Kreuzberg, so every time that I didn't speak, answering in Turkish, they were very upset of me, because they were sure that I am a Turkish guy, who doesn't want to speak in their language.

Weitere Autoren der Originalton-Reihe "Through my eyes":

Montag, 4. Mai: Amos Oz
Mittwoch, 6. Mai: Sara Blau
Donnerstag, 7. Mai: Chaim Beer
Freitag, 8. Mai: Liat Elkayam
Samstag, 9. Mai: Amichai Shalev
Mehr zum Thema