Orson Welles Filmpremiere in Venedig

Film aus dem Jenseits: überfordernd und rücksichtslos

Orson Welles im Porträt und das Filmplakat zu "The Other Side Of The Wind", der beim Filmfestival in Venedig uraufgeführt wird
Orson Welles' letzter Spielfilm "The Other Side Of The Wind" feiert bei den Filmfestspielen in Venedig Weltpremiere. © picture alliance/AP / Netflix / Collage: DLF Kultur
Eckhard Roelcke im Gespräch mit Patrick Wellinski |
Mit seinem Experimentalfilm „The Other Side Of the Wind“ wollte Regisseur Orson Welles sein Comeback in Hollywood feiern. Erst posthum wurde das Fragment fertiggestellt. Patrick Wellinski hat den Film in Venedig gesehen.
In seiner komplexen Struktur sei "The Other Side Of The Wind" alles andere als leicht zugänglich und weise Orson Welles als "krassen" Avandgardisten aus, sagt Filmkritiker Patrick Wellinski. Der Film rühre an unseren heutigen Sehgewohnheiten. Mitunter sei das Kinopublikum in den 70er Jahren "freier" in seinen Erwartungshaltungen an Handlung und Erzählweise gewesen als das Publikum heute, vermutet Wellinski.

"Ein Meta-Experimentalfilm wie ihn nur jemand wie Orson Welles ausdenken konnte"

Der Film überfordere, weil er auf nichts Rücksicht nehme, sagt Wellinski. So würden Figuren nicht eingeführt, wie in einem Freejazz-Soundtrack springe die Handlung von einer Erzählebene zur nächsten: "Dieser Film kommt quasi aus dem Jenseits zu uns und fordert uns und unsere Sehgewohnheiten ganz neu heraus."

Ein Film im Film im Film

Dass mithilfe vom Streamingdienst Netflix das Fragment nun posthum fertiggestellt wurde, hat dem Werk keinen Gefallen getan, sagt Patrick Wellinski. Eine heftige Sexszene beispielweise hätte Orson Welles so nie gedreht. Wellinski: "Dieser Film ist ein Cluster, an dem eben auch Orson Welles irgendwie mitgearbeitet hat. Ich glaube, wir wären besser damit gefahren, wenn "The Other Side Of The Wind" immer eine Legende geblieben wäre."
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