Oskar Roehler: Mein Leben als Affenarsch
Ullstein Verlag, Berlin 2015
223 Seiten, 18 Euro
So kaputt, so beseelt
Haufenweise Drogen, eine heftige Beziehung und jede Menge Wut: In seinem zweiten Roman "Mein Leben als Affenarsch" arbeitet sich der Filmemacher Oskar Roehler an seinem Leben im alten West-Berlin ab.
Von seinen familiären Banden kommt niemand so leicht los, schon gar nicht, wenn die Eltern Klaus Roehler und Gisela Elsner heißen und von ihrem Kind so gar nichts wissen wollten. Die Geschichte seiner beschädigten Jugend hat der Filmemacher Oskar Roehler ja schon vor vier Jahren ausführlich erzählt, in seinem Buch "Herkunft", auf dem auch sein Film "Die Quellen des Lebens" beruht.
Insofern stellt sich ein gewisser Déjà-Vu-Effekt ein, wenn Roehlers zweites, als "Roman" ausgewiesenes Buch "Mein Leben als Affenarsch" gleich wieder mit den Eltern beginnt. Zuerst mit der Schilderung eines Besuches bei der Mutter in München, der kaputten, drogenabhängigen Schriftstellerin, dann beim Vater in Darmstadt, dem Säufer, erfolgreichen Lektor und gescheiterten Schriftsteller – so als müsste sich Klein-Robert, also Robert Freytag, wie Roehlers Alter ego heißt, noch die Einwilligung für seinen Umzug nach West-Berlin holen, die Einwilligung dafür, sich jetzt doch bitte schön endlich von ihnen befreien zu können, weniger räumlich als mental.
"Irgendwann werde ich berühmter sein als sie"
Was natürlich nicht leichter wird, da Robert als Kind schon eine Weile in West-Berlin lebte, beim Vater, der damals, es waren die 60er-Jahre, aber lieber dem Sex und den Partys frönte, als sich um den Sohn zu kümmern. Zudem nutzt der Junge - wir schreiben jetzt das Jahr 1981, doch wieder die Kontakte seines Vaters und lässt sich zum Start bei der Kleistbühne am Kurfürstendamm unterbringen.
Es ist ein seltsamer Erziehungsroman, den Roehler geschrieben hat. Denn das Berliner Leben, das Robert von nun an führt, ist gleichermaßen kaputt wie beseelt davon, es irgendwann allen zu zeigen, zunächst vor allem in Form eines Romans. Robert jobbt als Putzmann in einem Peep-Show-Laden und später als Hilfspfleger, er verliebt sich in eine der Sexarbeiterinnen und führt mit dieser eine heftige Beziehung, und haufenweise Drogen sind auch mit im Liebes- und Gesellschaftsspiel.
Mit dem Schreiben geht es nicht voran, und immer wieder packt Roehlers Ich-Erzähler die Wut auf die Welt, auf die bürgerliche oder die der Schönen und Eleganten im Dschungel, der legendären Diskothek in der Nürnberger Straße, wo er der Tür verwiesen wird: "Irgendwann werde ich berühmter sein als sie. Meinen Namen wird es noch geben, wenn sie längst vergessen sind."
Auch dieses Buch kommt als Film
Genau so ist es gekommen - Oskar Roehler ist ein bedeutender Filmemacher geworden, der sich nun auch schreibend an seinem Leben abarbeitet. "Mein Leben als Affenarsch" liest sich dabei gleichfalls als schöner Abgesang auf die West-Berliner Subkultur der frühen 80er-Jahre. Roehler setzt der legendären Risiko-Bar mit ihren Blixa Bargelds und Nick Caves ein Denkmal, genauso seinem Freund, dem Underground-Dichter Harry Hass (dem das Buch gewidmet ist, heißt hier Abel Abgrund), und er schneidet dagegen Szenen mit Ausflügen ins KDW, den Dschungel, die Berliner Sozialämter oder auch einfach auf die Potsdamer Straße, die hier ähnlich runtergekommen ist wie bei Jörg Fauser. Es liegt ein grelles Licht auf diesen Szenen, Roehler versteht es, nachhaltig und bildlich zu erzählen, wenngleich das von ihm gewählte Präsens gewöhnungsbedürftig ist und etwas ungelenk wirkt.
Aber da kann er ja dran arbeiten, wenn es an seine Zeit in den späten 80er-Jahren geht, an seine ersten Versuche als Filmemacher. Fortsetzung folgt sicher. Und wie "Herkunft" hat Roehler auch dieses Buch filmisch umgesetzt: "Tod den Hippies!! Es lebe der Punk" kommt Ende März mit Tom Schilling in der Hauptrolle in die Kinos.