Programmtipp:
Die Sendung "Ortszeit" berichtet ab 17.07 Uhr weiter über die Lage in der Ost-Ukraine.
Aktivisten rufen "souveräne Volksrepublik" aus
Im Osten der Ukraine nehmen die Spannungen weiter zu: Pro-russische Demonstranten haben in Donezk die Unabhängigkeit von der Regierung in Kiew erklärt - und eine "souveräne Volksrepublik" ausgerufen.
Die pro-russischen Demonstranten hätten den Beschluss zu einer solchen Gründung in einer Versammlung in dem besetzten Verwaltungsgebäude gefasst, sagte ein Sprecher. Journalisten war der Zugang zu dem Saal verwehrt.
Auf der regionalen Nachrichtenwebseite Ostrow heißt es, bei der Versammlung hätten die Aktivisten auch beschlossen, das Gebiet in die Russische Föderation einzugliedern. Die Entscheidung sei mit Beifall aufgenommen wurden. Außerdem habe es Aufrufe an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gegeben, das Vorhaben zu unterstützen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax sagten Aktivisten zu, bis spätestens 11. Mai eine Volksabstimmung über die künftige Zugehörigkeit des Gebiets abzuhalten.
Zuvor hatten Demonstranten das Verwaltungsgebäude in Charkow gestürmt. In Donezk erklärten inzwischen Separatisten die Region für unabhängig. Der Leiter der Gebietsverwaltung, Igor Baluta, erklärte, es gebe von außen gesteuerte Provokationen, um die Lage gezielt zu destabilisieren. Er warnte zugleich vor weiteren Provokationen: "Weil die Autoren des Szenarios damit gescheitert sind, Massenproteste zu organisieren, setzen sie nun auf aggressive Handlungen und offene Konfrontation."
Demonstration auch in Odessa
Pro-russische Aktivisten erwarten Verstärkung aus anderen Städten, um ein Zeltlager zu organisieren - ähnlich wie zuletzt auf dem Maidan in Kiew. Auf dem besetzten Gebäude der Gebietsverwaltung in Charkow weht angeblich inzwischen die russische Fahne.
Die Angreifer forderten Referenden über eine Abspaltung von Kiew - nach dem international nicht anerkannten Vorbild der Halbinsel Krim. Auch in der Schwarzmeerstadt Odessa demonstrierten Tausende für ein Referendum, berichtete Sabine Adler im Deutschlandradio Kultur. Der Kreml hatte immer wieder erklärt, seine Bürger in der Ukraine notfalls auch militärisch zu schützen. Doch es gebe auch Zweifel an der Wiederholung des Krim-Szenarios, berichtete ebenfalls Sabine Adler.
Bereits zuvor hatten pro-russische Aktivisten mehrere Verwaltungsgebäude im Osten des Landes gestürmt. Wie in Charkow drangen Demonstranten auch in Donezk in ein Gebäude ein, berichtete Bernd Musch-Borowska im Deutschlandradio Kultur. Die Aktivisten hissten auf dem Dach die russische Flagge.
In Lugansk griffen Demonstranten ein Gebäude des Geheimdienstes an. Es gebe aber pro-russische Organisationen, die auch von der russischen Regierung unterstützt werden, erklärte Moskau-Korrespondentin Gesine Dornblüth im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur.
Jazenjuk: Russland will "Zerstückelung" der Ukraine
Der ukrainische Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk warf unterdessen Russland vor, eine Invasion in sein Land sowie dessen "Zerstückelung" vorzubereiten. Die jüngsten Unruhen im Osten, seien "Teil eines Destabilisierungsplans, damit eine fremde Armee die Grenze überschreitet und in ukrainisches Territorium einmarschiert", sagte Jazenjuk auf einer live im Fernsehen übertragenen Kabinettssitzung.
Wegen der Gebäudebesetzungen hatte zuvor der ukrainische Übergangspräsident Oleksander Turtschinow eine geplante Reise nach Litauen abgesagt. Stattdessen berief er eine Dringlichkeitssitzung seines Sicherheits- und Verteidigungsrates ein.
Bundesregierung ist beunruhigt
Die Bundesregierung zeigte sich indes besorgt über die Lage. Alle Seiten seien aufgerufen, zur Deeskalation beizutragen, sagte Regierungsspercher Steffen Seibert. Russland müsse seine Truppen aus dem Grenzgebiet zur Ukraine abziehen, wie es Präsident Putin versprochen habe. Das Verhalten Moskaus sei enttäuschend, erklärte Seibert. "Ganz Europa" warte auf "vertrauensbildende Maßnahmen".
Auf der Krim erschoss unterdessen ein russischer Soldat nach einem Streit einen ukrainischen Offizier. Wie das ukrainische Verteidigungsministerium erklärte, ereignete sich der Vorfall auf dem Flur eines Wohnheims in Nowofedorowka.
mhn