Bräuche und Traditionen – Wie wichtig sind sie? Darüber diskutiert André Hatting am 20. April 2019 von 9:05 Uhr bis 11 Uhr mit Werner Mezger. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 und per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de." target="_blank" href="https://www.deutschlandfunkkultur.de/im-gespraech.969.de.html">gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
Wie wichtig sind Bräuche und Traditionen?
86:19 Minuten
Ostereierfärben, der Tanz in den Mai oder die Fastnacht: In vielen Regionen werden die unterschiedlichsten Bräuche und Traditionen gepflegt. Einige – wie das Sternsingen – gehören zum Immateriellen Kulturerbe. Woher kommen sie? Wie wichtig sind sie?
"Bräuche schaffen Identität und stiften Gemeinschaft", sagt Werner Mezger, Professor für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Universität Freiburg. "Sie geben uns einen Rest an zyklischer Zeiterfahrung zurück: Man lebt auf Feste zu, wenn sie bevorstehen, und man zehrt von ihnen, wenn sie vorbei sind. Das ist ein Wert, den wir heute eigentlich verloren haben."
Zu Ostern färben wir Eier, zur Walpurgisnacht werden die bösen Geister vertrieben, wir tanzen in den 1. Mai. Im Karneval wird noch einmal ordentlich gefeiert vor den Fastentagen, die wiederum ihre ganz eigenen Riten haben, weiß der Fastnachts-Experte: "Kein anderer Brauch bringt Jahr für Jahr Millionen von Menschen auf die Beine!"
Bräuche haben nichts mit Nationalismus zu tun
"Alle Bräuche, die wir kennen, vor allem die bunten, farbigen, sind dadurch entstanden, dass unterschiedliche Kulturen einander begegnet sind", sagt Mezger. "Bräuche haben nichts mit Nationalismus zu tun; wenn etwas international ist, dann sind es Bräuche."
Ohne diesen Einfluss und den Austausch wäre unsere Kultur um einiges ärmer – und die der anderen Länder ebenso. "Hätten wir den Kroaten nicht ihr Halstüchlein abgeguckt, gäbe es heute bei uns keine Krawatten, hätte man nicht getanzt wie die Polen, würde uns die Polka fehlen – es gibt Hunderte solcher Beispiele."
Bräuche befödern die Integration
Auch in Zeiten der Globalisierung und Migration zeige sich, wie kulturübergreifend viele Traditionen sind, zum Beispiel beim "Karneval der Kulturen" in Berlin, der jährlich Zehntausende Besucher anlockt.
"Viele unserer Feste sind ja nur deswegen so bunt geworden, weil sie neben dem Eigenen auch immer offen waren für das Fremde, für das Neue, für das Pittoreske. Und insofern sind sie ein schönes Beispiel für Integration."