"Sie sollte nicht auf den Tisch hauen"
Der Staatsbesuch von Angela Merkel in Warschau ist überschattet von politischen Differenzen beider Länder. Der Osteuropa-Experte Peter Loew mahnt die deutsche Seite zur Zurückhaltung: Es sei "sehr klug", bestimmte Probleme nicht bilateral anzusprechen.
Angesichts der rechtsstaatlich problematischen Entwicklung Polens unter der konservativen PiS-Regierung fordern manche in Deutschland, Bundeskanzlerin Angela Merkel solle bei ihrem Besuch in Warschau mal ordentlich auf den Tisch hauen. Davon rät der Osteuropa-Historiker Peter Loew vom Deutschen Polen-Institut in Darmstadt dringend ab:
"Nein! Sie sollte nicht auf den Tisch hauen", sagte Loew im Deutschlandradio Kultur. "Deutschland ist hier im Verhältnis zu Polen in einer ganz besonderen Situation, die natürlich historisch grundiert ist."
Gerade angesichts des historischen Ballasts müsse Deutschland sehr vorsichtig sein. "Es ist sehr klug von der Regierung zu sagen: wir versuchen die Dinge erstmal, diese Probleme, nicht auf der bilateralen Ebene allzu laut anzusprechen, sondern versuchen das multilateral, auf der europäischen Ebene zu lösen."
Regierung Merkel ist für Polen ein verlässlicher Partner
Loew verwies darauf, dass trotz aller Verstimmung und Abkühlung im politischen Verhältnis beider Länder Polen nach wie vor ein virulentes Interesse an einem Zusammenhalt der Länder der Europäischen Union habe. "Polen braucht die europäischen Nachbarn, braucht europäische Strukturen, braucht auch die NATO, um eine Sicherheitsarchitektur zu behalten, die es schützt." Und bei allen ideologischen Differenzen wisse man, dass die Regierung Merkel eine verlässliche Partnerin sei.
Auch wenn die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin der jetzigen polnischen Regierung nicht gefalle: "Man hat dort seine Argumente vorgebracht, die nicht alle ohne Grund sind", so Loew. "Es ist schon so, dass die Regierung Merkel 2015 viele Staaten in Europa nicht nach ihrer Meinung gefragt hat. Und gerade die wirtschaftsschwächeren und nicht so gefestigten Demokratien im östlichen Europa hat das vor eine große Herausforderung gestellt."