Osteuropa-Expertin Beate Apelt

Skepsis über Wirksamkeit des angekündigten Generalstreiks in Belarus

05:23 Minuten
Ein Mann im Rollstuhl wird von einem anderen Mann geschoben, der sich eine weiß-rote Flagge um die Schultern geworfen hat.
Protest gegen die Regierung in Belarus: Verschiedene gesellschaftliche Gruppe, darunter auch Menschen mit Behinderung, nehmen an den Protesten in Minsk teil. © Picture Alliance / dpa / TASS / Natalia Fedosenko
Moderation: Oliver Thoma |
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Als Folge der Gewaltdrohungen nahmen weniger Menschen an den Protesten in Belarus teil, so Beate Apelt. Für die Leiterin der Friedrich Naumann Stiftung Kiew ist darum unklar, wie viele sich dem jüngsten Aufruf zum Generalstreik anschließen werden.
Die Osteuropaexpertin Beate Apelt warnt vor zu großen Hoffnungen auf die Schlagkraft des für diesen Montag angekündigten Generalstreiks in Belarus. Die Leiterin des Kiewer Büros der FDP-nahen Friedrich Naumann Stiftung sagte am Sonntag:
"Der Generalstreik wäre nur dann eine sehr starke Sanktion, wenn sich auch das ganze Volk daran beteiligen würde, also wenn tatsächlich - so wie dazu aufgerufen wurde - niemand zur Arbeit geht, die Läden zumachen, die Restaurants zumachen, niemand zur Schule geht, die Leute ihr Geld von der Bank nehmen usw. Ob das aber in so einem großen Ausmaß passieren wird, dass es das Regime in die Knie zwingt, ist völlig unklar."
Schließlich gebe es bislang nur die Streikankündigung für diesen einen Tag. Von großer Wirkung wäre solch ein Streik aber nur, wenn er als unbefristet angedroht werde. "Darum ist das für die Oppositionsbewegung hochriskant", so Apelt.

Volksultimatum bis Sonntagabend

Die Demokratiebewegung hatte ein sogenanntes Volksultimatum bis Sonntagabend gestellt und gefordert, dass der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko zurücktritt. Außerdem fordert die Oppositionsbewegung, deren prominente Vertreter nahezu alle ins Ausland geflüchtet sind, ein Ende der Polizeigewalt, die Freilassung aller politischen Gefangenen, den Rücktritt Lukaschenkos sowie Neuwahlen.
Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja hatte in einer Liveschalte aus ihrem Exil in Litauen die Opposition zu den Protesten am Sonntag aufgerufen. Dabei wiederholte sie das Ultimatum noch einmal und bekräftigte die Generalstreikdrohung für Montag.

Gewaltdrohungen durch die Lukaschenko-Regierung

Die in Belarus aktive Protestbewegung gehe durch alles Bevölkerungsgruppen und Schichten, sagte Apelt: "Wir haben Demonstrationen von Menschen mit Behinderung gesehen, von älteren Menschen. Berühmt geworden sind die Frauen, die jeden Samstag auf die Straße gehen. Das alles hat schon ein sehr, sehr großes Ausmaß."
Doch das Regime reagiere darauf bereits seit Wochen zunehmend mit Gewalt und habe sehr viel gedroht. So sollen Protestaktivisten der ersten Tage in den Staatsunternehmen identifiziert und bestraft werden. Es gebe zudem eine Drohung, dass von der Polizei bei den Protesten von Schusswaffen Gebrauch gemacht werden solle. In der Folge dieser zunehmenden Verschärfung nehme nach Beobachtung vieler die Beteiligung an den Protesten derzeit schon sehr stark ab.
(sru)
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