Die Ausstellung "Otto Dix. Der böse Blick" in der Kunstsammlung NRW iin Düsseldorf ist vom 11.2.-14.5.2017 zu sehen.
Selbstinszenierung als skrupelloser Bürgerschreck
Von 1922 bis 1925 lebte Otto Dix in Düsseldorf und entwickelte dort seinen unverkennbaren kritischen Stil. Die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf zeigt die Werke dieser kurzen aber entscheidenden Phase unter dem Titel: "Der böse Blick".
Die Mäzenatin und Galeristin Johanna Ey, von der Künstlerszene liebevoll Mutter Ey genannt, war von Otto Dix begeistert, als er sich ihr 1921 vorstellte: "Er hatte ein freies, freches, offenes Gesicht, was mir sehr gefiel", schreibt sie in ihren Lebenserinnerungen. Eins der Plakatmotive der Düsseldorfer Ausstellung "Otto Dix. Der böse Blick" in der Kunstsammlung NRW ist ein Foto des jungen Otto Dix, das ihn im Profil zeigt, mit argwöhnisch lauerndem Blick. Kuratorin Susanne Meyer-Büser:
"Es zeigt Otto Dix 1919, als jungen Künstler. Aber das Porträt ist deshalb für uns so besonders, weil es sehr schön zeigt, wie Otto Dix sich damals als junger moderner Mann gesehen hat und auch inszeniert hat. Und es ist eines von vielen Porträts, die in dieser Zeit entstanden sind und ihn immer als sehr smarten aber auch als zwiespältigen, vielleicht sogar etwas diabolischen Menschen zeigen."
Und Otto Dix, das zeigen nicht nur Fotografien, sondern auch einige hier gezeigte Selbstporträts, arbeitete konsequent an seiner Selbstinszenierung als unberechenbarer, skrupelloser, mit Röntgenblick begabter Bürgerschreck. Als Otto Dix schließlich 1925 nach Berlin ging, eilte ihm die Fama des "bösen Blicks" schon voraus. Die Ausstellung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen vollzieht nun diese drei prägenden Düsseldorfer Jahre nach, zeigt die Experimente des Künstlers und wie er sich vom wahrheitssuchenden Expressionisten zum Neuen Sachlichen mauserte.
Otto Dix' Weg zur Neuen Sachlichkeit
"Er hatte in Dresden eigentlich noch keinen richtigen Stil gefunden, er hat am Anfang im Bereich Dadaismus gearbeitet, mit den Berliner Dadaisten, in dieser Art gearbeitet, gemalt, aber auch collagiert. Und hat dann aber auch andere Formen ausprobiert, es war schlichtweg ein Stilpluralismus, erst hier in Düsseldorf hat er dann seinen Weg zur Neuen Sachlichkeit gefunden, und eigentlich zu dem Otto Dix ist er dann geworden, den wir heute kennen."
In der liberalen und offenen Kulturlandschaft Düsseldorfs kümmern sich neben Mutter Ey noch zwei weitere Galeristen um den jungen Künstler. Beim ersten Porträtauftrag durch den Arzt und Kunstsammler Hans Koch begegnet er dessen Frau Martha, verliebt sich in sie. Martha wird 1923 seine Frau, im selben Jahr kommt Tochter Nelly zur Welt.
Es ist faszinierend zu bemerken, wie Otto Dix in seinen Porträts von Industriellen und Figuren der Kulturszene immer schärfer das Charakteristische der jeweiligen Person herausarbeitet, oft bis zur Grenze der Karikatur. In Düsseldorf sieht man nicht nur das berühmte, ganz in Rot gehaltene Porträt der Tänzerin Anita Berber, sondern auch ein wuchtiges Porträt der Gönnerin Mutter Ey.
"Johanna Ey war begeistert von dem Werk, das Otto Dix von ihr angefertigt hat, sie hatte es ja selber in Auftrag gegeben, und Otto Dix stellt sie dar in Herrscherpose. Als etwas dickliche Dame mit Monokel und prallen Wurstfingern. Aber die Art und Weise, wie er sie darstellte, war sowohl herrschaftlich, aber auch liebevoll. Und wie ganz oft bei den Werken von Otto Dix, immer mit einer Portion Humor gewürzt."
Beklemmende Sujets
Doch die Entwicklung des bösen, gelegentlich mit Humor abgepufferten Blicks von Otto Dix wird nicht nur durch die zahlreichen Porträts belegt. In den Jahren 1922 und '23 hat der Künstler allein 400 Aquarelle gemalt. Sie sind in dieser Düsseldorfer Ausstellung üppig vertreten. Oft wunderschöne und leichte Blätter, trotz ihrer beklemmenden Sujets. Es geht um Dirnen, Matrosen, Lustmorde, Dienstmädchen, Verrückte oder die vom Krieg zurück gelassenen Witwen. Mit dem Verkauf solcher Aquarelle übrigens verschaffte die Galeristin Mutter Eye dem jungen Neuankömmling ein erstes Auskommen ...
"Na ja, Aquarelle bieten natürlich die Möglichkeit, schnell zu arbeiten, und das ist ein schnelles, flüchtiges und auch preiswertes Medium. Das war dann das Medium der Wahl nach dem Ersten Weltkrieg. Denn Otto Dix war zu Beginn der Düsseldorfer Zeit nicht gut gestellt, er war sogar bettelarm und kam hier mit zerschlissenen Hosen an, die Mutter Eye erst mal flicken musste..."
Die ermutigende Düsseldorfer Kunstszene, die materielle Sicherung, das private Glück, der schließlich gefundene neusachliche Stil – das alles spiegelt sich in dieser dichten Ausstellung in ungewöhnlichen Werken. Und natürlich auch, wie der böse Blick von Otto Dix schließlich Kult wird.
"In der Kunst- und Kulturszene, in der Bohémienszene, dann vor allen Dingen in Berlin wieder, da war es dann irgendwann angesagt, en vogue, Otto Dix im Wohnzimmer zu haben bzw. von ihm porträtiert zu werden. Denn man wollte sich abheben von der Allgemeinheit. Und ein Otto Dix war schon etwas ganz Besonderes."