Großbritannien zwischen Entsetzen und Aufbruch
"Over and out", titelte der "Guardian", "Glorreicher Sieg" dagegen der "Daily Express". Großbritannien ist sich der tragweite der Entscheidung bewusst - und weiter tief gespalten.
"Over and out" – "Aus und vorbei", titelt heute die liberale Tageszeitung "The Guardian". Das Blatt hatte sich für den Verbleib in der EU stark gemacht. Der "Daily Express", der unermüdlich für den Brexit warb, titelt dagegen stolz: "Glorreicher Sieg für unseren Daily Express!"
Das Land ist gespalten. Zwei Tage nach dem historischen Drama findet sich Großbritannien zwischen den beiden Polen wieder Entsetzen und Aufbruchstimmung. Aber selbst der dienstälteste Anti-EU-Tory Abgeordnete Bill Cash ist sich der Größe der Aufgabe und der Schwierigkeiten wohl bewusst:
"Uns ist das Ausmaß dessen, was passiert ist, völlig klar. Historisch ist das das Größte der letzten 150 oder 200 Jahre. Deswegen ist es wichtig, dass wir das geordnet angehen und dass wir uns der Verantwortung bewusst sind. Es ist eine der größten Veränderungen in der Geschichte des Vereinigten Königreichs."
Arm gegen Reich?
Die Veränderung ist eine Revolution, heißt es in den Leitartikeln. Arm sei gegen Reich aufgestanden, England gegen das übermächtige London.
Wer wird jetzt neuer Premierminister? Das ist vermutlich die dringlichste Frage überhaupt. Die Unterhaus-Fraktion wird zwei Kandidaten wählen, die sich dann einer Urabstimmung aller Parteimitglieder stellen. Die große Frage lautet, ob Boris Johnson in der Fraktion nominiert wird – er hat viele Gegner. Die Basis dagegen liebt den früheren Londoner Bürgermeister und Kopf der Brexit-Kampagne.
Aber auch bei Labour rumort es. 40 Prozent der Labour-Wähler waren für den Brexit, haben nur sieben Unterhausabgeordnete. Einer davon ist Frank Field.
"Die EU-Bürokraten wollen uns jetzt die Bedingungen für den Austritt diktieren. Sie sollen sich heraushalten bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir förmlich Antrag auf Verhandlungen stellen."