Ozon ist doch nicht so schädlich

Die Temperaturstürze der letzten Wochen haben Ihnen zugesetzt? Sie fühlten sich erschöpft und angestrengt, regelrecht zerschlagen? Seien Sie beruhigt, Sie sind kein Hypochonder. Ihre Wetterempfindlichkeit ist keine Einbildung, auch wenn das gefühlte Wetter Kabarettisten stets einen Scherz wert ist. Tatsache ist, statistisch nachgewiesen und medizinisch belegt, dass starke Lufttemperaturschwankungen, rapide Wetterum-schwünge durchaus Auswirkungen auf das Wohlbefinden haben.
Eine ganze Wissenschaftsrichtung, die Medizinische Klimatologie untersucht seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts die Zusammenhänge zwischen Wetter und Körperbefinden. Ihre Erkenntnisse hat Angela Schuh, die in München als Professorin für Medizinische Klimatologie am Institut für Gesundheits- und Rehabilitationswissenschaften der Ludwig-Maximilian Universität lehrt, jetzt in dem schmalen Wissensbändchen "Biowetter" zusammengetragen.

Knapp, aber durchaus verständlich erklärt sie, wie Wetter entsteht und welche verschiedenen Wetterbedingungen es gibt, vom Föhn bis zum Nebel. Ausführlich geht sie auf den menschlichen Körper und seine Reaktionen auf die unterschiedlichen Wetterlagen ein, führt auf, welche medizinischen Erkenntnisse es über die Wetterfühligkeit gibt, bis sie schließlich Ratschläge parat hat, wie man sich besser gegen Wetterempfindlichkeiten schützen kann.

Der Körper verfügt über eine Thermoregulation, also ein ausgeklügeltes System, die Kerntemperatur von rund 37° C zu halten. Ist es heiß, weiten sich die Hautgefäße, Feuchtigkeit wird freigesetzt, man schwitzt und die Verdunstung kühlt das Blut. Ist es kalt, ziehen sich die Hautgefäße zusammen, der Blutstrom wird vermindert, um die Wärmeabgabe zu verringern.

Ein gesunder Körper kommt mit wechselnden Wetterverhältnissen normalerweise gut zurecht. Sobald jedoch Vorschädigungen bestehen und bei wetterempfindlichen Menschen kann es zu Belastungen des Kreislaufes kommen, zur Verengung der Atemwege, zu Veränderungen des Blut-drucks, zu Migräneanfällen, Depressionen.

Man weiß seit langem, dass Menschen, die operiert worden sind, schwere Verwundungen erlitten haben, wetterabhängig über Schmerzen klagen. Das gilt insbesondere für Rheumapatienten bei feuchter Kälte. Und es trifft viele. Immerhin bezeichnen sich über 50 Prozent der Menschen als wetterfühlig und 10 Prozent sind wetterempfindlich, das heißt, sie reagieren besonders heftig auf bestimmte Wetterlagen.

Änderungen der Temperatur und Luftfeuchtigkeit lösen die meisten körperlichen Beschwerden aus. Die Medizinische Klimatologie hat zum Beispiel eindeutige Zusammenhänge zwischen winterlicher Kälte und Herzinfarkten festgestellt. Warme Winde wie Föhn rufen Kopfschmerzen hervor. Nach Gewittern kommt es häufiger zu Asthmaanfällen. Der Luftdruck scheint nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Auch über elektromagnetische Störungen gibt es bislang nur sehr widersprüchliche Ergebnisse. Und Ozon scheint weit weniger schädlich als allgemein angenommen wird. Die Empfehlung, sich zum Schutz der Gesundheit an Tagen mit hohen Ozonkonzentrationen nicht im Freien aufzuhalten, entbehrt jedenfalls – so Angela Schuh in ihrem Buch – jeder wissenschaftlichen Grundlage.

Je nach Wetterempfindlichkeit erklärt das Buch ausführlich, welche Ursachen dafür in Frage kommen. Das ist für die Gruppe der jeweils Betroffenen sicherlich interessant, ermüdet aber Nichtbetroffene. Zudem gibt es viele Wiederholungen. Auch das erscheint etwas überflüssig. Praktisch sind sicherlich die Ratschläge für alle Wetterfühligen am Ende des Buches. Man kann sie auf den knappen Nenner bringen: Wer sich körperlich fit hält, wird viel seltener unter dem Wetter leiden als Untrainierte.

Das Buch hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Es ist zwar verständlich formuliert, Fachausdrücke werden ins Alltagsdeutsch übersetzt, es gibt auch einen guten Einblick in das Gebiet der Medizinischen Klimatologie, ist aber als allgemeiner Ratgeber für Wetterfühlige zu fachspezifisch, zu theoretisch. Insofern bedingt empfehlenswert für jene, die genauer wissen wollen, warum sie bisweilen unter dem Wetter leiden.


Rezensiert von Johannes Kaiser


Angela Schuh: Biowetter – Wie das Wetter unsere Gesundheit beeinflusst
C.H.Beck, München 2007, 128 Seiten, 7,90 Euro