Packendes Spionagedrama aus England
Die britische Serie "The Hour" handelt vom feindseligen Verhältnis zwischen BBC-Reportern und der Politik während des Kalten Krieges. Von Kritikern gefeiert, gelten die sechs Fernsehfilme als englische Antwort auf die US-Erfolgsserie "Mad Man". Nun sind sie auf DVD erschienen.
The Hour ist ein bisschen wie "Mad Men", ja, aber in erster Line, weil auch hier alle ständig trinken und rauchen, weil auch "The Hour" Mitte des letzten Jahrhunderts spielt, die Umgebung ziemlich stylish und auch ein bisschen stilisiert wirkt, modernistisch, und weil Frauen den täglichen Sexismus abbekommen. Aber "The Hour" ist doch anders, eigen, britisch.
Die Serie beginnt 1956, fünf Jahre vor "Mad Men". Zwei große weltpolitische Ereignisse nehmen ihren Lauf: die Suezkrise, bei der Großbritannien noch einmal seine imperialen Muskeln spielen lässt - erfolglos, wie sich zeigt. Und der ungarische Volksaufstand, den die Rote Armee niederschlägt.
Die perfekte Zeit, sagen sich einige Fernsehjournalisten, um in der BBC eine neue Nachrichtensendung aufzubauen. Eine, die nicht höflich und steif daherkommt und dem Publikum einredet, dass alles in Ordnung ist, sondern eine, die kritisch und ambitioniert berichtet.
Einfach ist diese Arbeit allerdings nicht: Ein Abgesandter des Premierministers versucht alles, die kritische Berichterstattung zu unterbinden. Er zieht hinter dem Rücken der Redaktion seine Strippen oder kommt höchst selbst vorbei, wirft den Journalisten vor, sie würden die Sicherheit der Nation gefährden und droht ihnen, das Geld zu streichen.
Der Zuschauer von "The Hour" bekommt einen Eindruck davon, wie heftig dieser Kampf zwischen Journalisten und der Politik in Wirklichkeit gewesen sein muss. Bis 1956 galt in Großbritannien die "Fourteen-day rule". Diese Richtlinie war eine Art Maulkorberlass, sie untersagte es der BBC, 14 Tage lang über politische Debatten zu berichten, die gerade im Parlament stattfanden. Nach zwei Wochen, so die Logik, habe sich die Öffentlichkeit ihre eigene Meinung gebildet und könnte nicht mehr beeinflusst werden.
Dass "The Hour" nicht wie eine Doku-Soap wirkt, dafür sorgen zahlreiche Intrigen, Eifersuchts- und Liebesdramen sowie Verschwörungstheorien, bei denen dunkle Gestalten mit noch dunkleren Hüten auftauchen, die irgendetwas mit der Regierung zu tun haben. Die Drehbuchautorin Abi Morgan führt die Handlungsstränge geschickt zusammen. In den Extras der DVD erklärt sie:
"Ich mochte die Idee, verschiedene kulturelle Einflüsse der 50er-Jahre zu verweben. Die 50er-Jahre waren in der britischen Gesellschaft das Ende einer Ära. Mit dem britischen Empire und der Aristokratie ging es bergab. Die Presse wurde stark kontrolliert."
In "The Hour" sieht's nicht schick glänzend aus wie in "Mad Men", hier regieren schäbige Regenmäntel und Linoleumfußböden. Während die amerikanischen Werber in "Mad Men" zynisch, glatt und abgeklärt sind, kämpfen die britischen Journalisten fieberhaft und besessen um seriösen Journalismus. "The Hour" hat die Atmosphäre eines Film noir im Nachkriegsengland. Eine Atmosphäre, die Eve Stewart mit geschaffen hat. Sie war schon Szenenbildnerin für "The King's Speech" und wurde dafür für einen Oscar nominiert:
"Wir haben einen alten Kameramann der BBC aus der Zeit aufgetrieben. Er hatte diese ganze Kamera-Ausrüstung in seiner Garage mit allem, was dazu gehört, daher mussten wir gar nicht so viel hinzufügen."
Auch ein Stück Sozialgeschichte erzählt "The Hour". Unterschwellig spielen dabei immer die harschen Klassengrenzen eine Rolle. "The Hour" zeigt den Kampf zwischen dem brillanten Journalisten Freddie aus nicht so gutem Hause, der sich hoch gearbeitet hat und dem Upper Class-Mann Hector, der seinen Job als Moderator nur durch seine guten Kontakte bekam. In einer wunderbaren Szene rät Freddie den gesamten privilegierten Lebenslauf Hectors und trifft damit ziemlich ins Schwarze.
Mein Gott, du bist ein Snob, entfährt es Hector schließlich. Dominic West spielt den breit grinsenden und meist gut gelaunten Hector. Eine völlig andere Rolle als die in der immer wieder hoch gelobten amerikanischen Serie "The Wire", wo er den frustrierten und etwas verlebten Mordermittler Jimmy McNulty gab. Aber abgesehen von der Rolle und dem Budget - bei "The Wire" hatten sie sechs Monate Drehzeit, bei "The Hour" nur drei bis vier - gibt es doch eine zentrale Parallele zwischen den beiden Serien, sagt der Brite:
"Bei beiden Serien, bei 'The Hour' und 'The Wire', ist der Drehbuchautor König."
Und das merkt man "The Hour" an. Abi Morgan hatte Zeit, ihre Ideen zu entwickeln, sie konnte ausführlich am Drehbuch feilen, keiner hat ihr reingeredet. Herausgekommen ist ein packender Thriller, ein Spionagedrama á la John Le Carré, das im Kalten Krieg spielt. Ein Stück Mediengeschichte und ein Porträt Londons, bevor es wirklich modern wurde. "The Hour" ist ein weiteres Werk, das zeigt, wozu Fernsehen imstande ist.
Die Serie beginnt 1956, fünf Jahre vor "Mad Men". Zwei große weltpolitische Ereignisse nehmen ihren Lauf: die Suezkrise, bei der Großbritannien noch einmal seine imperialen Muskeln spielen lässt - erfolglos, wie sich zeigt. Und der ungarische Volksaufstand, den die Rote Armee niederschlägt.
Die perfekte Zeit, sagen sich einige Fernsehjournalisten, um in der BBC eine neue Nachrichtensendung aufzubauen. Eine, die nicht höflich und steif daherkommt und dem Publikum einredet, dass alles in Ordnung ist, sondern eine, die kritisch und ambitioniert berichtet.
Einfach ist diese Arbeit allerdings nicht: Ein Abgesandter des Premierministers versucht alles, die kritische Berichterstattung zu unterbinden. Er zieht hinter dem Rücken der Redaktion seine Strippen oder kommt höchst selbst vorbei, wirft den Journalisten vor, sie würden die Sicherheit der Nation gefährden und droht ihnen, das Geld zu streichen.
Der Zuschauer von "The Hour" bekommt einen Eindruck davon, wie heftig dieser Kampf zwischen Journalisten und der Politik in Wirklichkeit gewesen sein muss. Bis 1956 galt in Großbritannien die "Fourteen-day rule". Diese Richtlinie war eine Art Maulkorberlass, sie untersagte es der BBC, 14 Tage lang über politische Debatten zu berichten, die gerade im Parlament stattfanden. Nach zwei Wochen, so die Logik, habe sich die Öffentlichkeit ihre eigene Meinung gebildet und könnte nicht mehr beeinflusst werden.
Dass "The Hour" nicht wie eine Doku-Soap wirkt, dafür sorgen zahlreiche Intrigen, Eifersuchts- und Liebesdramen sowie Verschwörungstheorien, bei denen dunkle Gestalten mit noch dunkleren Hüten auftauchen, die irgendetwas mit der Regierung zu tun haben. Die Drehbuchautorin Abi Morgan führt die Handlungsstränge geschickt zusammen. In den Extras der DVD erklärt sie:
"Ich mochte die Idee, verschiedene kulturelle Einflüsse der 50er-Jahre zu verweben. Die 50er-Jahre waren in der britischen Gesellschaft das Ende einer Ära. Mit dem britischen Empire und der Aristokratie ging es bergab. Die Presse wurde stark kontrolliert."
In "The Hour" sieht's nicht schick glänzend aus wie in "Mad Men", hier regieren schäbige Regenmäntel und Linoleumfußböden. Während die amerikanischen Werber in "Mad Men" zynisch, glatt und abgeklärt sind, kämpfen die britischen Journalisten fieberhaft und besessen um seriösen Journalismus. "The Hour" hat die Atmosphäre eines Film noir im Nachkriegsengland. Eine Atmosphäre, die Eve Stewart mit geschaffen hat. Sie war schon Szenenbildnerin für "The King's Speech" und wurde dafür für einen Oscar nominiert:
"Wir haben einen alten Kameramann der BBC aus der Zeit aufgetrieben. Er hatte diese ganze Kamera-Ausrüstung in seiner Garage mit allem, was dazu gehört, daher mussten wir gar nicht so viel hinzufügen."
Auch ein Stück Sozialgeschichte erzählt "The Hour". Unterschwellig spielen dabei immer die harschen Klassengrenzen eine Rolle. "The Hour" zeigt den Kampf zwischen dem brillanten Journalisten Freddie aus nicht so gutem Hause, der sich hoch gearbeitet hat und dem Upper Class-Mann Hector, der seinen Job als Moderator nur durch seine guten Kontakte bekam. In einer wunderbaren Szene rät Freddie den gesamten privilegierten Lebenslauf Hectors und trifft damit ziemlich ins Schwarze.
Mein Gott, du bist ein Snob, entfährt es Hector schließlich. Dominic West spielt den breit grinsenden und meist gut gelaunten Hector. Eine völlig andere Rolle als die in der immer wieder hoch gelobten amerikanischen Serie "The Wire", wo er den frustrierten und etwas verlebten Mordermittler Jimmy McNulty gab. Aber abgesehen von der Rolle und dem Budget - bei "The Wire" hatten sie sechs Monate Drehzeit, bei "The Hour" nur drei bis vier - gibt es doch eine zentrale Parallele zwischen den beiden Serien, sagt der Brite:
"Bei beiden Serien, bei 'The Hour' und 'The Wire', ist der Drehbuchautor König."
Und das merkt man "The Hour" an. Abi Morgan hatte Zeit, ihre Ideen zu entwickeln, sie konnte ausführlich am Drehbuch feilen, keiner hat ihr reingeredet. Herausgekommen ist ein packender Thriller, ein Spionagedrama á la John Le Carré, das im Kalten Krieg spielt. Ein Stück Mediengeschichte und ein Porträt Londons, bevor es wirklich modern wurde. "The Hour" ist ein weiteres Werk, das zeigt, wozu Fernsehen imstande ist.