Ein unzerstörbarer Traum
Sie ist die wohl berühmteste Jugendliche Pakistans: Malala. Doch für ihre Biografie, für die sie im Westen mit Preisen überhäuft wird, bekommt sie in ihrer Heimat Todesdrohungen. Doch sie will sich nicht von ihrem Ziel abbringen lassen.
Junge Künstlerinnen aus der ganzen Welt haben sich zusammen getan, um Malala zu ehren. Auf Videoplattformen im Internet gibt es zahlreiche Musiker, die sich von der Geschichte Malalas haben inspirieren lassen. In den sozialen Netzwerken sind aber auch die Gegner des Teenagers zu finden, Facebook-Seiten wie „Ich hasse Malala“ haben mehrere Tausend Anhänger. Seit dem ihr Buch erschienen ist, scheint die Jugendliche noch mehr in der Kritik zu stehen:
„Malala hat in einem Land gelernt, in dem der Bildungsstandard nicht besonders hoch ist. Vor allem in der Region, aus der sie stammt. Ein Mädchen in ihrem Alter in Pakistan kann dieses Buch gar nicht geschrieben haben.“
So wie dieser Bildungsexperte denken auch andere in Pakistan. Da Malala das Buch zusammen mit der britischen Journalistin Christina Lamb geschrieben hat, fühlen sich viele darin bestätigt, dass Malala nun eine Agentin des Westens sei. Das nährt Verschwörungstheorien: Ein Foto, das im Netz kursiert, zeigt Malala als Marionette, geführt von einer Hand, auf der ein Davidstern prangt. Einige Buchladenbesitzer waren zu Beginn noch begeistert, als die Autobiographie in ihren Schaufenstern lag:
"Die Leute lieben Malala und ihren unerschütterlichen Einsatz für den Frieden.“
Jetzt liegt Malalas Buch meist nicht mehr so offensichtlich in den Läden. Ein Buchhändler aus Islamabad spricht erst, als das Mikro aus ist: Das Buch habe sich richtig gut verkauft, bis heute. Als Extremisten gedroht hätten, dass auch Buchhändler ein Angriffsziel sein könnten, habe er es aus dem Regal genommen. Auch gegen Malala halten die Taliban ihre Drohung, sie umbringen zu wollen, aufrecht. Ein Sprecher der Taliban sagt, Malala habe den Islam beleidigt und sei daher immer noch ein Angriffsziel für sie.
"Keine Angst mehr vor den Taliban"
In ihrer Autobiographie schreibt Malala unter anderem über die „Satanischen Verse“ von Salman Rushdie. Sie beschreibt, dass ihr Vater dieses Buch auch als Angriff auf den Islam gesehen habe, aber er das Recht der freien Meinungsäußerung höher stelle. Sie fragt: „Ist der Islam denn eine so schwache Religion, dass er kein Buch tolerieren kann, das gegen ihn ist?“ Der Vorsitzende der pakistanischen Privatschulen hat dies als respektlos empfunden und daher kann nun kein Schüler Pakistans das Buch im Unterricht lesen.
Im Westen wird Malala Preisen überhäuft, erst kürzlich ist sie für den Kinderweltpreis nominiert worden. In Pakistan reagieren die Leute sehr unterschiedlich auf die wohl berühmteste Jugendliche ihres Landes:
"All diese Anerkennung mag ihr selbst helfen oder ihrer Familie, aber wir hier im Swat-Tal haben nichts davon", sagt ein Student, ein anderer entgegnet:
"Natürlich können wir stolz sein, dass Malala den Namen unseres Tals weltberühmt gemacht hat. Malala hat der Welt gezeigt, dass nicht alle Paschtunen auch Terroristen sind."
In Malalas Heimatprovinz wurde gerade eine Buchvorstellung abgesagt. Es habe Drohungen der Taliban gegeben, die Veranstaltung zu sprengen. Malala hat dazu in einem Interview gesagt, ihr Buch sei ihr in solch einem Moment egal, das Leben der Menschen sei wichtiger. Dennoch beteuert Malala immer wieder, dass sie keine Angst mehr habe vor den Taliban, denn die hätten einen entscheidenden Fehler gemacht:
"Jetzt habe ich keine Angst mehr vor dem Tod, bevor ich ihm ins Auge geschaut habe, vielleicht schon, aber jetzt nicht mehr."
Und von ihrem innigsten Wunsch wisse ja nun die ganze Weltgemeinschaft: Bildung für alle Kinder, egal ob Junge oder Mädchen! Die Extremisten könnten vielleicht ihren Körper töten, nicht aber diesen Traum.