Pakistan nach dem Tod bin Ladens

Von Kai Küstner |
Pakistan ist für den Westen ein schwieriger Verbündeter. Seit dem Tod Bin Ladens muss sich das Land erneut vorhalten lassen, Terroristen zu beherbergen, wenn nicht gar zu unterstützen. Tatsache ist, dass der Einfluss der Islamisten wächst - im Sicherheitsapparat und in der Bevölkerung.
Sehr idyllisch liegt sie da, die Stadt Abbottabad, am Rande einer saftigen Hügelkette. Unschuldig wirkt sie. Der Welt war sie bis vor kurzem unbekannt. Den Pakistanis galt sie als Urlaubsort – nun hat sie sich für immer als die Stadt ins Welt-Bewusstsein eingebrannt, die Osama bin Laden beherbergte.

Ungläubig die Anwohner. Der meistgesuchte Mann der Welt – ein Nachbar? Kann nicht sein. Nicht wenige im Land der Verschwörungstheorien halten das zunächst für einen Trick, einen Täuschungsversuch der USA. Ungläubig aber auch die Weltöffentlichkeit. Dahingehend, dass sich Osama bin Laden angeblich ohne Wissen des pakistanischen Geheimdienstes jahrelang nicht etwa in einer Höhle, sondern auf einem richtigen Anwesen versteckt gehalten haben soll:

Dadfar Spanta: "Dieser Ort, dieses Gelände ist berühmt. Und wir wissen: Es ist nicht möglich, ohne die Unterstützung von höchster Stelle des Establishments dort eine Villa zu finden und dort ein Leben in Luxus zu führen über viele Jahre. Ich hoffe, dass das eine Lektion für all diejenigen Elemente ist, die immer noch den Terrorismus als Werkzeug internationaler Politik nutzen."

So, mehr als deutlich, der Sicherheitsberater der afghanischen Regierung, Spanta.

Wir haben es ja schon immer gesagt: Pakistan beherbergt Terroristen – es ist die Gelegenheit für die Nachbarn Afghanistan und Indien, den Scheinwerfer, ja den Bannstrahl auf oder gegen Pakistan zu richten. Und sie lassen sie nicht aus. Pakistan – ohnehin schon in Not nach Monsun-Fluten, Preis-Steigerungen und permanenter Terror-Anschläge – nun auch noch in Erklärungsnot. Man habe, wehrte sich das Außenministerium, was das von Bin Laden bewohnte Gelände angehe, seit 2009 Informationen ausgetauscht.

Salman Bashir, Foreign Secretary: "Diese ganze Angelegenheit, Bin Laden ausfindig zu machen, war eine Top-Priorität für jeden in der Welt, Pakistans Geheimdienst eingeschlossen. Jetzt, wo die Sache erledigt ist, sollten wir uns nicht gegenseitig beschuldigen."
Aber spätestens als an Tag Nummer 2 der Nach-Bin-Laden-Ära Einzelheiten über den Zugriff der US-Spezialeinheiten bekannt wurden, war der Image-Schaden für Pakistan da. CIA-Chef Panetta bekundete dann noch in einem Artikel für das "Time"-Magazine, man habe die Pakistanis bewusst nicht informiert, um die Mission nicht zu gefährden. Der pakistanische Ex-General und Sicherheitsexperte Talat Masood warnt:

"Ob es mit Absicht geschah oder ob es komplette Ignoranz war von Seiten des Geheimdienstes, dass sie nicht wussten, wo er war: Beides ist nicht zu entschuldigen. Keine Frage. Aber: Aber jetzt gibt es eine Pauschal-Verurteilung Pakistans auf der ganzen Welt. Dieser Druck von allen Seiten ist extrem kontra-produktiv, drängt Pakistan in eine Ecke und macht es dem Land extrem schwer, ein Partner mit dem Rest der Welt zu sein."

Druck gab es schon vorher, nur ist der jetzt noch mal gewachsen. Schon seit Jahren steht die Frage im Raum: ist Pakistans Sicherheitsapparat unfähig, die Terroristen in den Griff zu bekommen - oder unwillig? Keine Frage: Die pakistanischen Taliban bekämpft die Armee erbittert. Genauso beharrlich aber, so der Vorwurf, weigere sie sich, die afghanischen Taliban zu bekämpfen. Die für Anschläge auf westliche Truppen im Nachbarland verantwortlich sind. Fest steht, meint auch der Sicherheitsexperte Mohammed Amir Rana im Interview mit dem ARD-Hörfunkstudio Südasien: In Pakistan bekommen Militante optimale Bedingungen geboten, um hier Unterschlupf zu finden.

Rana: "Es gibt mehr als 100 militante Organisationen, die sich hier betätigen. Wir haben so viele unregierbare Orte in den Stammesgebieten. Im Süden Punjabs. Und die Militanten bekommen ihre Unterstützung aus den Großstädten. Also verstecken die sich gerne hier in Pakistan."

Hinzu kommt noch eine Bevölkerung, die – um es freundlich zu formulieren – dem großen Verbündeten USA gegenüber kritisch eingestellt ist.

Verärgert über den Tod bin Ladens versammelte eine der militantesten Organisationen Pakistans mehrere hundert Anhänger auf den Straßen der Metropole Karachi. Nieder mit Amerika, riefen die Protestler. Anhänger der Nachfolgeorganisation von Lashkar-e-Toiba, die unter anderem für die Terrorserie von Mumbai verantwortlich sein soll. Aber: In Pakistan muss man nicht unbedingt die Militanten unterstützen, um ein offener oder heimlicher Anhänger Osamas zu sein.

Rana: "Wenn Sie sich die letzten Meinungsumfragen, etwa von Gallup, ansehen, dann hat sich 2010 zum ersten Mal gezeigt, dass 70 Prozent von ihnen nicht Al-Kaida oder Terrorattacken unterstützen. Aber: Gleichzeitig – und das hat für Verwirrung gesorgt – kam Osama bin Laden auf Zustimmungswerte von 49 Prozent. Die Meinungen waren also geteilt."

Werte, die es der pakistanischen Regierung nicht eben erleichtern, entschlossen gegen Terrornetzwerke vorzugehen, ohne weite Teile der Bevölkerung zu vergraulen.

Denn: Auch schon zu anderer Gelegenheit, Anfang des Jahres, hatten viele Pakistanis – schweigend und bisweilen auch lautstark - klar gemacht, dass sie zu bestimmten Fragen eine ziemlich eindeutige Haltung einnehmen.

Lang lebe Mumtaz Qadri. Diese pakistanischen Studenten demonstrieren nicht etwa gegen Studiengebühren oder die hohen Benzinpreise. Sie demonstrieren für einen Attentäter.

Mumtaz Qadri ist der Mann, der bereits gestanden hat, den Gouverneur der Provinz Punjab gemeuchelt zu haben. Qadri ist Polizist. In einer Elite-Einheit. Und Leibwächter. Er hat den Politiker, den er eigentlich schützen sollte, mit Kugeln durchsiebt.

Natürlich war das richtig, ihn umzubringen, meint eine junge Frau, die Wirtschaftswissenschaften studiert. Wir lieben den heiligen Propheten. Wir können nicht erlauben, dass jemand so etwas sagt.

Was genau hatte Salman Taseer, der Gouverneur der Provinz Punjab, gesagt, das diese Studentin und weite Teile Pakistans so erzürnte? Taseer, da ist sich die Akademikerin sicher, beging eine Todsünde, als er das Blasphemie-Gesetz als black law, als schwarzes Gesetz bezeichnete. Der Blasphemie-Paragraph verbietet es, den Heiligen Propheten zu beleidigen.

"Kein Mensch will, dass jemand etwas gegen den Propheten sagen darf. Jeder von uns würde als Beschützer des Propheten auftreten und hätte vielleicht dasselbe getan."

Lebenslänglich sieht das pakistanische Strafgesetzbuch für jeden vor, der den heiligen Koran abschätzig behandelt. Auf Beleidigung des heiligen Propheten steht ebenfalls lebenslänglich - oder die Todesstrafe.
Kaum jemand hier an der Punjab University von Pakistans zweitgrößter Stadt Lahore scheint im Fall Taseer allerdings der Meinung zu sein, dass der lästige Umweg über ein Gericht nötig gewesen wäre. Selbst ein Jura-Student hat kein Problem damit, dass der Leibwächter das Gesetz in die eigenen Hände nahm und die Waffe gegen seinen Schützling richtete. Die junge Elite Pakistans scheint sich einig mit so vielen.

"Was klar geworden ist, ist, dass Leute diesen Mord gefeiert haben, Anwälte den Mörder mit Rosenblättern überschüttet haben. Es hat in allen Medien Berichte gegeben und Kommentare, dass dieser Mann den Tod verdient hat. Dabei hat er lediglich eine Änderung des Blasphemie-Gesetzes gefordert. Das hat zu einem Schock bei den Liberalen geführt."

So beschreibt Britta Petersen, Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Lahore, die Stimmung im Land. Der Mörder hat nicht nur einen Politiker für immer zum Schweigen gebracht, er hat auch – so scheint es – die gesamte liberale Elite mundtot gemacht. Sich aus Sicherheitsgründen nicht mehr öffentlich äußern wollen sich die Angehörigen des Ermordeten. Die Familie des mutmaßlichen Mörders tut das dagegen gern.

Eine verhältnismäßig ruhige Gegend in der Garnisonsstadt Rawalpindi. Hier lebt und arbeitet der Bruder des Attentäters Mumtaz Qadri. Das ganze Viertel ist geschmückt mit Spruchbändern: 'Wir preisen Deinen Mut, Qadri', steht darauf. Und der Bruder des Attentäters hat selber ein Plakat entworfen, das die Freilassung des Familienmitglieds fordert. Die Verwandtschaft sei stolz auf seinen Bruder, sagt er. Nein, die ganze Welt sei stolz auf ihn.

"Nicht nur aus Pakistan, aus der gesamten muslimischen Welt bekommen wir Unterstützung. Menschen kontaktieren uns per Email, per Telefon, einige sind sogar extra nach Pakistan gereist, um ihre Solidarität kundzutun. Und hier im Land haben wir hundert Prozent Zustimmung. Egal ob aus den politischen Parteien, aus der Zivilgesellschaft oder aus den religiösen Gruppen – alle unterstützen uns."

Er habe, erzählt Immobilienmakler Dil Bazeer, seinen Bruder im Gefängnis besucht. Der von vielen hier nun als eine Art Soldat des Propheten verehrt zu werden scheint. Sein Bruder sei im Reinen mit sich selbst, sagt Bazeer, sei noch nie glücklicher gewesen als jetzt in seiner Zelle. Der Islam, erklärt er, sei eine sehr tolerante Religion. Aber wenn es um Gotteslästerung gehe, dann stünden darauf nunmal sehr hohe Strafen.

"Was immer in dieser Welt geschieht, ist der Wille Allahs. Der Politiker hat einen Fehler gemacht und Gott selbst war es, der ihn dafür bestraft hat!"

Das Blasphemie-Gesetz sei nun mal keines, das von Menschen gemacht sei, sondern es komme direkt von Gott ...

Eine solche Auslegung macht es natürlich all denen schwer, die – wie Salman Taseer das getan hat – versuchen, mit weltlichen Argumenten zu streiten. Etwa dem, dass das Gesetz ja so leicht zu missbrauchen sei, indem man seinen persönlichen Feind schlicht der Blasphemie bezichtige – und man es deshalb doch ergänzen solle. Qadris Bruder findet auch die Frage, ob nicht im Fall Taseers lieber ein Gericht über Leben oder Tod des Politikers hätte entscheiden sollen, nicht wirklich zulässig.

"Wenn die Autoritäten und unsere politischen Führer das Gesetz in ihre eigenen Hände nehmen, dann werden die normalen Menschen dadurch dazu ermuntert, das gleiche zu tun. Und: Es ist Gott selbst, der die Verantwortung dafür übernommen hat, seinen Propheten vor Beleidigung zu schützen."

Dal Bazeer, der Bruder des Attentäters, ist kein Taliban, er sagt von sich selbst, er sei ein liberaler Muslim. Trotzdem dürften sich die Extremisten die Hände reiben, wie bereitwillig auch sogenannte Moderate in diesem Fall ihre Positionen vertreten. Die sogenannte schweigende Mehrheit - schwieg.

Nur wenige Wochen nach dem Mord an Salman Taseer wird erneut ein Politiker erschossen: Pakistans Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti. Auch er musste für seine Überzeugungen sterben: auch er ein Kritiker des Blasphemie-Paragraphen. Die Militanten, so scheint es, versuchen alle, die nicht mit ihrer Denkrichtung übereinstimmen, entweder einzuschüchtern oder auszuschalten.

Ein Ruf zum Gebet in Pakistans Metropole Lahore. Nicht irgendein Ruf zum Gebet, es ist ein Geistlicher der schiitischen Minderheit in Pakistan, der hier intoniert. Nie in der Geschichte des Landes hatten es die Schiiten, die traditionell in Ländern wie dem Iran oder im Libanon stark sind, leicht in dem Land, das sich eigentlich 'Heimstätte aller Muslime' nennt. In letzter Zeit wurde es für die Schiiten noch ein bisschen schwieriger, ja lebensgefährlich.

"Es gibt für uns keine Sicherheit. Wir sind ständig in Gefahr. Wir können ungeschützt keinen Schritt vor die Tür tun. Aber noch nicht mal die Sicherheitsleute können uns schützen, weil sie selber angegriffen werden. Die Bedrohung hat zugenommen."

Beklagt der Leiter eines schiitischen Zentrums in Lahore, Hummad Raza. Immer wieder werden religiöse Umzüge der Schiiten attackiert, sprengen sich Selbstmordattentäter inmitten von Menschenansammlungen in die Luft. Angebliche Muslime morden im Namen des Islam Muslime. Aus Sicht der Taliban – die sich aus der sunnitischen Mehrheit rekrutieren – glauben die Schiiten eben nicht richtig.

"Man hat es versäumt, den Militanten gleich zu Anfang Einhalt zu gebieten. Dadurch sind sie immer stärker geworden. Jetzt sind sie so mächtig, dass sie alle möglichen Gruppen angreifen. Die Ahmadis, die Schiiten, auch Sunniten. Keiner wird verschont. Mit dem Islam haben diese Menschen nichts gemein. Sie töten ja Muslime."

Begünstigt zu werden scheint das alles neuerdings von einem Hass-Klima im ganzen Land, geschaffen von den religiösen Parteien, die ganz gezielt die vermeintlichen Unterschiede zwischen den Konfessionen herausstellen. Was dazu führt, dass sich über ein Gesetz wie den Blasphemie-Paragraphen gar nicht mehr diskutieren lässt. Der Chef der Kommission für Frieden und Gerechtigkeit in Lahore, Peter Jacob, beklagt, dass die Situation für die Minderheiten im Land deshalb noch nie so düster gewesen sei in der Geschichte Pakistans wie jetzt. Bestimmte Gruppen würden das Land gerade mit einer pseudo-religiösen Kampagne überziehen:

"Es ist schlimmer denn je. Die haben die junge Generation so aufgewiegelt, so mit Wut erfüllt, dass die die Realität gar nicht mehr sieht. Und etwa beim Thema Blasphemie gar nicht wahrnimmt, wie hier bewusst Fälschung betrieben wird. Insofern, als man ihnen sagt, der Islam sei angeblich eine Religion, die so etwas nicht toleriert. Auch der Mord an Salman Taseer, dem Gouverneur von Punjab, wird im Grunde nur dazu genutzt, die normalen Menschen mit neuer Wut aufzupumpen."

Die Zivilgesellschaft, sagt Jacob, sei unbewaffnet – und genau deshalb wehrlos. Und: Die Ursachen für die Schwäche der Liberalen und die Kraft der Islamisten lägen in der Geschichte des Landes – und zwar gar nicht mal so tief vergraben, wie man denken könnte:

"Die Regierung Musharraf und auch die jetzige hat sich dafür entschieden, den Extremismus nur oberflächlich und militärisch zu bekämpfen. Sie konnten sich nicht dazu durchringen, die Islamisten ideologisch zu bekämpfen. Also sind diese Quellen der Ideologie, der ganze Apparat, der die Jugend beeinflusst, voll funktionsfähig. Die Infrastruktur, die diesen Hass hervorbringt, ist voll intakt – auch in Form von bestimmten Organisationen und Religionsschulen, den Madrassas."

Klar ist: Pakistan ist ein Staat, der im Namen des Islam errichtet wurde. In der Verfassung steht: Die Oberhoheit über das Universum übt Allah aus. Also habe man es auf einmal – laut Verfassung - mit zwei Gewalten zu tun. Mit dem Staat. Und mit Gott. Wenn die Taliban also sagen: Wir berufen uns auf Gott bei dem, was wir tun, wir müssen uns nicht an das Gesetz halten – wer wollte ihnen da widersprechen?

Der Buchautor und Politikexperte Ahmed Rashid weist darauf hin, dass die Islamisierung obendrein in eine schwierige Zeit fällt: in der Pakistan mit einer nicht enden wollenden wirtschaftlichen Krise zu kämpfen hat, die das Land immer wieder an den Rand des Bankrotts führt. In der die Bevölkerung über Inflationsraten von 15 bis 20 Prozent stöhnt.

"Das Thema Blasphemie vermischt sich jetzt mit dem Anti-Amerikanismus im Land. Der akzentuiert wird durch den Fall des amerikanischen Diplomaten, der offenbar zwei Pakistanis in Lahore getötet hat. Durch Anti-Amerikanismus wegen der Drohnen-Attacken in den Stammesgebieten. Wir haben also eine lange Liste von Missständen, die von den Fundamentalisten ausgeschlachtet werden, um die Menschen zu mobilisieren."

Teil des Problems sei es, so Rashid, dass die Regierung in Sachen Taseer-Mord und Blasphemie-Gesetz gefährlich zurückhaltend reagiert habe. Und alle Vorhaben, auch nur einen Buchstaben in der Gesetzgebung zu verändern, kleinlaut wieder zurückgenommen habe. Und die Armee, der eigentlich Machtfaktor im Land? Auch sie habe nicht eindeutig Stellung bezogen, beklagt Rashid:

"Wir betreiben immer noch eine zweigleisige Politik, was die Taliban angeht: in dem Sinne, dass die pakistanische Armee zwar die pakistanischen Taliban bekämpft, aber die afghanischen Taliban in Ruhe lässt. Wenn man das alles zusammenfasst, dann wächst die Gefahr, dass es zu einem allmählichen Abrutschen kommt. Und wenn sich die politische Führung nicht entschlossener als bisher dagegenstellt, dann wird sich diese Art Kernschmelze beschleunigen."

Hinzu kommt: Pakistan hat die Monsun-Fluten des vergangenen Sommers – und das miserable Krisen-Management seiner Regierung - noch lange nicht verwunden. Auf einmal also scheinen die Islamisten – weil die zivile Regierung die Probleme nicht in den Griff bekommt - für die Menschen eine echte Alternative zu sein. Glaubt auch Britta Petersen von der Heinrich- Böll-Stiftung.

"Ich fürchte, dass das Land in die Hände einer islamistischen Partei fallen könnte. Der Boden ist über sehr lange Zeit bereitet worden. Das fing schon unter Militärdiktator Zia ul Haq an. Jetzt ist eine Generation herangewachsen, die mit Schulbüchern aufgewachsen, die offen Hass predigen gegen Indien. Diejenigen, die noch das alte, liberale Pakistan kennen, gehen langsam in Rente."

Die Taliban, so befürchten pessimistische Beobachter, müssten gar nicht mehr selbst nach der Macht greifen. Pakistans Gesellschaft bewege sich ohnehin auf sie zu. Das ist für ein Land, das Atomwaffen besitzt, keine gute Nachricht. Und auch nicht für die westlichen Truppen im Nachbarland Afghanistan. Vielleicht wirkt das Aufspüren Osama bin Ladens Wunder und viele, die mit dem Terror liebäugelten, lassen sich davon demoralisieren. Vieles aber spricht dafür, dass Al-Kaida auch ohne die Nummer 1 weiter handlungsfähig sein wird. Und die Zusammenarbeit des Westens mit dem komplizierten Verbündeten Pakistan ist dadurch auch nicht einfacher geworden.

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