Für die Zielgruppe der Obdachlosen ist es extrem wichtig ist, niederschwellige Impfangebote zu machen. Die Impfquote ist nicht besonders hoch.
Ulrike Kostka, Caritas Berlin
Pandemie und Obdachlosigkeit
In Notlagen leiden die Schwächsten immer am meisten. © imago / Michael Gstettenbauer
"Große psychische Belastung"
07:04 Minuten
Für Obdachlose kann allein schon Kälte lebensgefährlich sein. Nun aber sehen sie sich schon mit dem zweiten Pandemiewinter konfrontiert. Ulrike Kostka von der Caritas setzt auf Impfangebote und Aufklärung, denn auch unter ihnen gibt es Impfskeptiker.
Auch dieses Jahr muss das traditionelle Weihnachtsessen für Obdachlose des Sängers Frank Zander wegen der Coronapandemie ausfallen. Stattdessen werden mit einem Caritas-Foodtruck Geschenke, Essen und Schlafsäcke an Bedürftige verteilt. Die schon grundsätzlich äußerst prekäre Lage der Betroffenen wird durch die Pandemie dramatisch verschärft.
Viele Angebote nur eingeschränkt verfügbar
Ulrike Kostka, Direktorin und Vorstandsvorsitzende des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin und Vorsitzende der katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, beziffert die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland auf eine halbe Million. Die meisten leben entweder in Not- oder in Gemeinschaftsunterkünften. Etwa 41.000 sind bundesweit ohne Obdach. Dabei handelt es sich um Schätzungen, sagt Kostka, und die Zahlen stammen aus 2018.
Für Obdachlose sei ein Winter in der Pandemie eine doppelte Belastung, weil viele Wärmestuben schließen mussten und viele Angebote nur sehr eingeschränkt verfügbar seien, so Kostka. "Dann gibt es jetzt auch noch die 3G-Regelungen, die bedeuten, dass Obdachlose sich nicht überall aufhalten können, wo sie sich sonst aufhalten, zum Beispiel in der größten Wärmestube der Nation: der U-Bahn. Und es ist natürlich auch eine große psychische Belastung für die Obdachlosen und die Helferinnen und Helfer."
Niederschwellige Impfangebote sind wichtig
Auch in den Notunterkünften gebe es teilweise geringere Platzzahlen. "In manchen Städten wurden aber auch zusätzliche geschaffen. Das ist ganz unterschiedlich. In Berlin sieht die Situation ganz gut aus. Hier wurden zusätzliche Plätze geschaffen, zum Teil sogar Einrichtungen, in denen die Menschen im Winter die ganze Zeit bleiben können. Das ist ein großer Fortschritt. Aber das ist leider nicht in jeder Stadt so."
Insgesamt gebe es bundesweit nicht genug kostenlose Testmöglichkeiten. "Das ist für obdachlose Menschen ein großes Problem, da wünschen wir uns mehr Möglichkeiten. Wir bemerken auch bei Obdachlosen teilweise eine Impfskepsis, die Impfquote ist nicht besonders hoch. Für diese Zielgruppe ist es extrem wichtig ist, niederschwellige Impfangebote zu machen."
Kostka betont ihre Dankbarkeit gegenüber Frank Zander. Durch sein Engagement haben Obdachlose in Berlin neben den Geschenken und einer warmen Mahlzeit einen Bezugspunkt. "Sie werden gesehen und es herrscht eine fröhliche Stimmung und das ist sehr wichtig in einer Zeit in der viele unter Ausgrenzung und Einsamkeit leiden."
(rja)