Panorama der Gewalt
16 Ministücke hatte der britische Erfolgsdramatiker Mark Ravenhill für das Fringe-Festival in Edinborough geschrieben. Neun davon gelangten jetzt in Düsseldorf zur deutschen Erstaufführung. Die Minidramen kreisen um die Themen Gewalt und Terror, Bedrohung und Sicherheit.
"Warum bombardiert ihr uns? Wir sind die Guten!" Panikstarr und mit schreckgeweiteten Augen sitzen die Passagiere am Flughafen auf ihren Aluminiumsesseln hinter der Sicherheitsschleuse und richten den Blick in einen unsichtbaren Himmel. Sehen sie dort die Flugzeuge ins World Trade Center fliegen? Jeder Einzelne von ihnen hofft, davonzukommen, und begehrt, "nicht schuld daran zu sein". Ausbeutung, Intoleranz, globale Ungerechtigkeit, Krieg und Gewalt, das haben alles andere zu verantworten. Man selbst hat sich doch immer starkgemacht für die Dritte Welt und nur fair gehandelten Kaffee getrunken. Aber wenn jetzt so ein Attentat das Flugzeug abstürzen ließe, da risse die Katastrophe wohl Gerechte und Ungerechte mit sich.
Ein "sensibler Bereich" in puncto Sicherheit ist der Flughafen. So heißt es im Jargon der Securityleute. Und so erleben es wohl auch die meisten Reisenden, die sich plötzlich mit Themen, Fragen und Ängsten konfrontiert sehen, die sie an jedem anderen Ort besser auf Distanz halten können. Es war also eine geschickte Wahl des Regisseurs Jan Klata, die Szenenauswahl aus Mark Ravenhills "Shoot. Get Treasure.Repeat" in der Wartezone eines Flughafens anzusiedeln. Der polnische Regisseur, dessen innovative Theaterprojekte in den letzten Jahren auf vielen Festivals zu sehen waren, hat mit dieser Inszenierung am Düsseldorfer Schauspielhaus zum ersten Mal an einem deutschen Theater gearbeitet.
Neun aus sechzehn Szenen, die Mark Ravenhill ursprünglich für das Fringe Festival in Edinburgh geschrieben hat, sind an diesem Abend als deutsche Erstaufführung zu sehen. Alle kreisen um das Thema Bedrohung und Sicherheit, um unsere vielfältigen, fruchtlosen und manchmal zu neuen Gefahren sich steigernden Strategien, unseren Ängsten zu begegnen.
Krieg, Terrorismus und die Furcht vor Attentaten sind nur ein Aspekt des Themas. Es gibt auch Szenen, die von besorgten Eltern erzählen, die in eine bewachte Luxussiedlung, eine Gated Community, umziehen wollen, damit ihr Kind in Sicherheit aufwächst. Krankheit und Tod thematisiert Mark Ravenhill ebenso wie Überwachung, Bespitzelung und den Verlust bürgerlicher Freiheiten, wenn die Abwehr in neue Bedrohung umschlägt.
Er bedient sich dabei in virtuoser Manier ganz verschiedener Formen, die vom antiken Chor über die psychologisch realistische Szene bis zu alptraumartig-surrealen Bildern reichen. Bei aller Knappheit werden dabei Figuren individuell fassbar, die Szenen sind spannend und oft überraschend aufgebaut.
Ravenhill, 1996 mit dem Sensationserfolg von "Shoppen und Ficken" kometenhaft aufgestiegen, ist ein Dramatiker, der sein Handwerk versteht. Auch "Shoot.Get Tresure.Repeat" dürfte von den Theatern dankbar angenommen werden, zumal sich aus den 16 Szenen immer neue Zusammenstellungen gewinnen lassen.
Der polnische Regisseur Jan Klata erklärt im Programmheft, dass er sich dieser Ersten (westlichen) Welt, in der der Sicherheitswahn grassiert, nicht zugehörig fühlt. Gleichsam einen Blick von außen auf das Phänomen richtet. Diese Distanz zahlt sich aus in einem Abend, der mit reichen theatralischen Mitteln die Szenen in eine große Künstlichkeit, eine artistische Übersteigerung hineintreibt und zur Kenntlichkeit verfremdet.
Das wird zum einen durch choreographische Sequenzen unterstützt, zum anderen durch die Verbindung mit scheinbar ganz fern liegender Musik: Klata hat die "Neue Düsseldorfer Hofmusik", ein Spezialistenensemble der Alten Musik, mit auf die Bühne geholt. Mit Ausschnitten aus Madrigalen von Claudio Monteverdi setzen sie einen Kontrapunkt, der neue Dimensionen eröffnet und gefährdeten, verletzten, umgetriebenen Seelen mit archaischer Größe und dramatischer Wucht Gehör verschafft.
Die Schauspieler, zwölf an der Zahl, wissen nicht nur ihre wirkungsvollen Spielszenen gut zu nutzen. Sie bleiben alle den ganzen Abend über präsent, sprechen und bewegen sich im Chor, wechseln die Rollen zwischen Akteuren und Zuschauern. Das Publikum zeigte sich begeistert von einem spannenden, dichten Theaterabend.
Shoot/Get Treasure/Repeat
Von Mark Ravenhill
Deutschsprachige Erstaufführung am Schauspielhaus Düsseldorf
Inszenierung: Jan Klata
Bühne: Justina £agowska
Kostüme und Video: Mirek Kaczmarek
Musik: Neue Düsseldorfer Hofmusik
Choreographie: Maciek Prusak
Ein "sensibler Bereich" in puncto Sicherheit ist der Flughafen. So heißt es im Jargon der Securityleute. Und so erleben es wohl auch die meisten Reisenden, die sich plötzlich mit Themen, Fragen und Ängsten konfrontiert sehen, die sie an jedem anderen Ort besser auf Distanz halten können. Es war also eine geschickte Wahl des Regisseurs Jan Klata, die Szenenauswahl aus Mark Ravenhills "Shoot. Get Treasure.Repeat" in der Wartezone eines Flughafens anzusiedeln. Der polnische Regisseur, dessen innovative Theaterprojekte in den letzten Jahren auf vielen Festivals zu sehen waren, hat mit dieser Inszenierung am Düsseldorfer Schauspielhaus zum ersten Mal an einem deutschen Theater gearbeitet.
Neun aus sechzehn Szenen, die Mark Ravenhill ursprünglich für das Fringe Festival in Edinburgh geschrieben hat, sind an diesem Abend als deutsche Erstaufführung zu sehen. Alle kreisen um das Thema Bedrohung und Sicherheit, um unsere vielfältigen, fruchtlosen und manchmal zu neuen Gefahren sich steigernden Strategien, unseren Ängsten zu begegnen.
Krieg, Terrorismus und die Furcht vor Attentaten sind nur ein Aspekt des Themas. Es gibt auch Szenen, die von besorgten Eltern erzählen, die in eine bewachte Luxussiedlung, eine Gated Community, umziehen wollen, damit ihr Kind in Sicherheit aufwächst. Krankheit und Tod thematisiert Mark Ravenhill ebenso wie Überwachung, Bespitzelung und den Verlust bürgerlicher Freiheiten, wenn die Abwehr in neue Bedrohung umschlägt.
Er bedient sich dabei in virtuoser Manier ganz verschiedener Formen, die vom antiken Chor über die psychologisch realistische Szene bis zu alptraumartig-surrealen Bildern reichen. Bei aller Knappheit werden dabei Figuren individuell fassbar, die Szenen sind spannend und oft überraschend aufgebaut.
Ravenhill, 1996 mit dem Sensationserfolg von "Shoppen und Ficken" kometenhaft aufgestiegen, ist ein Dramatiker, der sein Handwerk versteht. Auch "Shoot.Get Tresure.Repeat" dürfte von den Theatern dankbar angenommen werden, zumal sich aus den 16 Szenen immer neue Zusammenstellungen gewinnen lassen.
Der polnische Regisseur Jan Klata erklärt im Programmheft, dass er sich dieser Ersten (westlichen) Welt, in der der Sicherheitswahn grassiert, nicht zugehörig fühlt. Gleichsam einen Blick von außen auf das Phänomen richtet. Diese Distanz zahlt sich aus in einem Abend, der mit reichen theatralischen Mitteln die Szenen in eine große Künstlichkeit, eine artistische Übersteigerung hineintreibt und zur Kenntlichkeit verfremdet.
Das wird zum einen durch choreographische Sequenzen unterstützt, zum anderen durch die Verbindung mit scheinbar ganz fern liegender Musik: Klata hat die "Neue Düsseldorfer Hofmusik", ein Spezialistenensemble der Alten Musik, mit auf die Bühne geholt. Mit Ausschnitten aus Madrigalen von Claudio Monteverdi setzen sie einen Kontrapunkt, der neue Dimensionen eröffnet und gefährdeten, verletzten, umgetriebenen Seelen mit archaischer Größe und dramatischer Wucht Gehör verschafft.
Die Schauspieler, zwölf an der Zahl, wissen nicht nur ihre wirkungsvollen Spielszenen gut zu nutzen. Sie bleiben alle den ganzen Abend über präsent, sprechen und bewegen sich im Chor, wechseln die Rollen zwischen Akteuren und Zuschauern. Das Publikum zeigte sich begeistert von einem spannenden, dichten Theaterabend.
Shoot/Get Treasure/Repeat
Von Mark Ravenhill
Deutschsprachige Erstaufführung am Schauspielhaus Düsseldorf
Inszenierung: Jan Klata
Bühne: Justina £agowska
Kostüme und Video: Mirek Kaczmarek
Musik: Neue Düsseldorfer Hofmusik
Choreographie: Maciek Prusak